Die Zul?ssigkeit eines Nachteilsausgleichs bei psychischen?und chronisch somatischen Erkrankungen ist umstritten. Empirische Befunde zeigen, dass Hochschulen bei der tats?chlichen Gew?hrung des Nachteilsausgleichs aufgrund von psychischen Erkrankungen differenziert vorgehen. Stimmen der juristischen Literatur stützen dieses Vorgehen. Die bisherige Rechtsprechung verneint die Zul?ssigkeit. Am Ende muss jeder Prüfungsausschuss in eigener Verantwortung entscheiden.

Individuelle Beratung

Ob Beantragung eines H?rtefalls, eines Nachteilsausgleichs oder weitere Fragen: Hier finden Sie eine ?bersicht zu Anlaufstellen, die eine individuelle Beratung anbieten.

Zugang und Zulassung zum Studium

Die zentrale Studienberatung ber?t unter anderem zu allgemeinen Fragen zur Bewerbung, den Zugangsvoraussetzungen, Eignungsprüfungen und Zulassungsverfahren. Das Studierendensekretariat ber?t zu allen verwaltungsorganisatorischen Angelegenheiten für die Zulassung zum Studium, unter anderem zur Beantragung eines H?rtefalls oder Nachteilsausgleichs und den erforderlichen Nachweisen.

Prüfungen und Studienbedingungen

Die Studienbüros der Fakult?ten sind Anlaufpunkte für Studierende und Lehrende bei Fragen zur Studienorganisation. Sie beraten unter anderem zum Nachteilsausgleich und dessen Beantragung für das Studium oder Prüfungen.

Konflikte und L?sungen

Die:der Senatsbeauftragte für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen unterstützt Studierende bei der Gew?hrung des Nachteilsausgleichs ausschlie?lich in Konfliktf?llen. Allgemeine und individuelle Beratung und Unterstützung bei der Beantragung eines Nachteilsausgleichs bietet das jeweilige Studienbüro, das Studierendensekretariat oder die zentrale Studienberatung.

 

Fortbildungen

Regelm??ig Fortbildungen für Mitarbeitende der Prüfungsausschüsse und Studienbüros, des Studierendensekretariats oder der zentralen Studienberatung zum Nachteilsausgleich organisiert die:der Senatsbeauftragte für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen. Weitere Informationen finden Sie in der Fortbildungsdatenbank.

Konflikte und L?sungen

Unterstützung erhalten Mitarbeitende bei der Umsetzung in schwierigen Einzelf?llen und Studierende ausschlie?lich in Konfliktf?llen von der:dem Senatsbeauftragten für Studierende mit Behinderung und chronischen Erkrankungen.

Psychische und chronisch somatische Erkrankungen

Das Abgrenzungsproblem betrifft psychische Erkrankungen sowie chronisch somatische Erkrankungen, also Erkrankungen die sich auf k?rperlicher Ebene manifestieren. Hierzu geh?ren beispielsweise Allergien, Asthma bronchiale, Diabetes, Epilepsien und Rheuma. Auch andere chronische Erkrankungen beziehungsweise deren Behandlung k?nnen bei Studierenden zu Konzentrationsst?rungen und damit zu einer Beeintr?chtigung "des Denkens" führen.

  • Beispiele
    Bei Studierenden mit Angstst?rung, k?nnen Denkblockaden oder eine Verlangsamung des Denkens auftreten. Konzentrationsst?rungen k?nnen bei Studierenden beispielsweise durch chronische Erkrankungen (beispielsweise Neurodermitis mit st?ndigem Juckreiz), die Auswirkungen einer Behandlung (beispielsweise infolge einer Chemotherapie) oder durch eine Medikation (beispielsweise bei Epilepsie oder chronischem Schmerzsyndrom) verursacht sein.

Heterogen und oft unsichtbar
62 % der Studierenden mit studienerschwerender Beeintr?chtigung sind Studierende mit psychischer Erkrankung.

Argumentationen der Rechtsprechung und Literatur

Die Abgrenzung von Leistungshindernissen und Leistungsschw?chen ist in Bezug auf psychische und chronisch somatische Erkrankungen schwierig. Die bisherige Rechtsprechung versteht Beeintr?chtigungen der Konzentrationsf?higkeit und der Schnelligkeit des Denkens immer als Leistungsschw?chen und verneint damit generell einen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Dagegen zeigen empirische Befunde, dass Hochschulen bei der tats?chlichen Gew?hrung des Nachteilsausgleichs aufgrund von psychischen Erkrankungen differenziert vorgehen. Stimmen der juristischen Literatur stützen dieses Vorgehen.

Die bisherige Rechtsprechung versteht Beeintr?chtigungen der Konzentrationsf?higkeit und der Schnelligkeit des Denkens immer als Leistungsschw?chen und verneint damit generell einen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Rechtsprechung spricht hier von sogenannten "pers?nlichkeitspr?genden Dauerleiden" und meint damit, dass die Beeintr?chtigung das normale Leistungsbild der zu prüfenden Person bestimmt und damit als generelle Leistungsschw?che immer inhaltlich prüfungsrelevant und daher nicht ausgleichsf?hig ist. 

  • Beispiele
    Nach dieser Argumentation sind Konzentrationsprobleme infolge von Angstst?rungen oder Epilepsieerkrankungen nicht ausgleichsf?hig, da sie dem Prüfungszweck (Schnelligkeit der Bearbeitung und Stressresistenz), entgegenstehen und zudem sp?ter in der Berufspraxis nicht kompensierbar seien.

Die Rechtsprechung bezieht sich hier insbesondere auch auf das jeweilige gegenw?rtige Berufsbild bzw. den Beruf, zu dem der Zugang durch die jeweilige Prüfung er?ffnet wird. Auch wird davon ausgegangen, dass Beeintr?chtigungen, die sich negativ auf Stressresistenz und die Schnelligkeit der Bearbeitung auswirken, in der sp?teren Berufspraxis in aller Regel nicht ausgleichbar seien. Die Gew?hrung eines Nachteilsausgleichs würde hier nach dieser Ansicht eine ?berkompensation darstellen und somit gegen das Gebot der Chancengleichheit aus Art. 3 GG versto?en. (Intranetlink: Handreichung, S 11 ff.)

  • Hinweis
    Stellvertretend für weitere Gutachten und Literaturstimmen wird nachstehend die Argumentation eines Rechtsgutachtens zum Thema "Nachteilsausgleiche für Studierende mit Behinderungen ? Prüfungsrechtliche Bausteine einer inklusiven Hochschule" von 2019 dargestellt. Dabei ist anzumerken, dass diese Ansicht derzeit eine klare Mindermeinung in der juristischen Literatur darstellt. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sie zukünftig auch in der Rechtsprechung aufgenommen werden wird.

Nach der Argumentation des Rechtsgutachtens dürfen Beeintr?chtigungen der "Denkf?higkeit" nicht pauschal als nicht ausgleichsf?hige Leistungsschw?chen eingeordnet werden. Die bisherige Rechtsprechung sei unverh?ltnism??ig und verkenne die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Konvention kenne keine ausdrücklichen Voraussetzungen oder Verbote für die Gew?hrung eines Nachteilsausgleichs. Ein Nachteilsausgleich darf demnach nur dann verwehrt werden, wenn dies zwingend erforderlich ist. Andernfalls l?ge nach dieser Ansicht eine verbotene Diskriminierung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention vor.

Nach dieser Argumentation muss also immer eine einzelfallbezogene Betrachtung vorgenommen werden, in welche insbesondere der jeweilige Prüfungszweck und der konkrete Nachteil eingestellt werden. Wenn die Prüfung einen Berufsbezug aufweist, sind dabei zudem die Erfordernisse des Berufs sowie im Beruf bestehende Ausgleichsm?glichkeiten (zum Beispiel im Sinne des § 164 Abs. 4 SGB IX) in die Bestimmung des Prüfungszwecks und damit in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Nur wenn der so bestimmte Prüfungszweck dem Nachteilsausgleich zwingend entgegensteht, kann dieser verwehrt werden.

  • Beispiel
    So müsse im Einzelfall berücksichtigt werden, dass eine fehlende Konzentrationsf?higkeit infolge von ADHS oder Epilepsie im Berufsleben zumindest in einigen Bereichen durch eine konzentrationsf?rdernde Arbeitsumgebung ausgeglichen werden kann.

Folgt man dieser Argumentation, ergibt sich eine Auff?cherung verschiedener Konstellationen von Leistungsschw?chen und Leistungshindernissen. Das Vorgehen des Rechtsgutachtens soll mit den nachstehenden Beispielen kurz verdeutlicht werden. (Intranetlink: Handreichung, S 13 ff.)

Hochschulen gew?hren den Nachteilsausgleich
So beantragen zwar nur 23 % der Studierenden mit psychischen Erkrankungen einen Nachteilsausgleich, jedoch liegt die Bewilligungsquote bei 66 %.

zur Vergr??erungsansicht des Bildes: Zeichnung: Eine Studentin fasst sich w?hrend einer Prüfung konzentriert an die Stirn.
Die Abgrenzung von Leistungshindernissen und -schw?chen ist vor allem in Bezug auf psychische und chronisch somatische Erkrankungen schwierig.

Fallkonstellationen der Literatur

Folgt man der Argumentation der Literatur ergibt sich eine Auff?cherung verschiedener Konstellationen von Leistungsschw?chen und Leistungshindernissen. Die Darstellung der Beispielkonstellationen folgt zu gr??ten Teilen der entsprechenden Darstellung des Rechtsgutachtens von Ennuschat (2019): 106 ff. Demnach werden sowohl der Prüfungszweck als auch die Ausgleichsm?glichkeiten in der Berufspraxis im Einzelfall differenziert erfasst und betrachtet. Dabei k?nnen Beeintr?chtigungen der Konzentrationsf?higkeit oder der Schnelligkeit des Denkens teilweise als Leistungshindernisse eingeordnet werden.

  • Hinweis
    Dabei ist anzumerken, dass diese Ansicht derzeit eine klare Mindermeinung in der juristischen Literatur darstellt. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sie zukünftig auch in der Rechtsprechung aufgenommen werden wird.

 

Genügt die geistige Leistungsf?higkeit des Prüflings unabh?ngig der Prüfungsbedingungen nicht, um die mit der Prüfung festzustellende Probleml?sungsf?higkeit zu erreichen, liegt eine Leistungsschw?che vor. In dem Fall kann kein Nachteilsausgleich gew?hrt werden.

Der Prüfling besitzt eine hinreichende geistige Leistungsf?higkeit, kann die Leistung jedoch aufgrund einer Denkblockade wegen einer Angstst?rung (zum Beispiel aufgrund von Prüfungsangst) nicht abrufen.

Tritt die Blockade zuf?llig auch bei Prüfungen auf (zum Beispiel H?henangst, wenn der Prüfungsraum in einem hohen Stockwerk liegt), wird der Prüfungszweck nicht beeintr?chtigt, wenn der Nachteilsausgleich darin besteht, dass der Prüfling in einem ebenerdigen Raum geprüft wird.

Der Prüfling besitzt eine hinreichende geistige Leistungsf?higkeit, kann die Leistung jedoch aufgrund einer Denkblockade wegen einer Angstst?rung (zum Beispiel aufgrund von Prüfungsangst) nicht abrufen.

Die sogenannte Examenspsychose (isolierte Prüfungsangst mit Krankheitswert) wirkt sich nur auf Prüfungen aus und hat daher kaum Aussagekraft über die sp?tere Eignung im Beruf. Ein Nachteilsausgleich in Form eines gesonderten Raumes oder zus?tzliche Ruhepausen (nicht Schreibzeitverl?ngerung!) k?nnen dem Prüfling helfen, sich zu beruhigen. Erste Ans?tze in der Rechtsprechung tendieren zu dieser Argumentationslinie. Da beispielsweise Gymnastikpausen auch bei Prüflingen mit erheblichen Rückenproblemen vergleichbar gew?hrt werden, ist die Gefahr einer ?berkompensation gering.

Der Prüfling besitzt eine hinreichende geistige Leistungsf?higkeit, kann die Leistung jedoch aufgrund einer Denkblockade wegen einer Angstst?rung (zum Beispiel aufgrund von Prüfungsangst) nicht abrufen. Diese St?rung wirkt sich sowohl auf Prüfungen als auch auf andere Lebenssituationen aus.

Soll mit der Prüfung die Belastbarkeit im sp?teren Beruf festgestellt werden, mag die Ansicht im Fall von Psycholog:innen, anderen Mediziner:innen, Jurist:innen oder Lehrer:innen überzeugen und es kann kein Nachteilsausgleich gew?hrt werden.

Soweit es im sp?teren Beruf jedoch T?tigkeitsfelder mit m?glichen Ausgleichsma?nahmen gibt oder die Belastbarkeit und Stressresistenz gar nicht zum Kerngehalt des sp?teren Berufs z?hlen, ist die Gew?hrung eines Nachteilsausgleichs vorstellbar.

Der Prüfling besitzt eine hinreichende geistige Leistungsf?higkeit, jedoch tritt infolge einer Behinderung oder Medikation eine Verlangsamung des Denkens ein.

Tritt die Verlangsamung erst mittelbar durch die Medikation auf, k?nnten Prüflinge durch Aussetzen der Medikation gesundheitliche Sch?den erleiden. Daher wird in der Praxis in diesen F?llen h?ufig ein Nachteilsausgleich gew?hrt.

Umfasst der Prüfungszweck gem?? der Prüfungsordnung beispielsweise explizit die Vorgabe, dass Aufgaben in einer begrenzten Zeit sachgem?? bearbeitet werden müssen, dann z?hlt die zeitliche Komponente unverzichtbar zum Prüfungszweck. In vielen F?llen (insbesondere bei juristischen Klausuren) ist die Gefahr einer ?berkompensation dann gro?, da zus?tzliche Zeit zu besseren Ergebnissen führen würde. Dann dürfte ein Nachteilsausgleich ausscheiden.

Der Prüfling besitzt eine hinreichende geistige Leistungsf?higkeit, jedoch besteht infolge einer Behinderung oder Medikation eine fehlende Konzentrationsausdauer. ?ber die Konzentrationsabf?lle gesunder Studierender hinaus, ist dabei die eingeschr?nkte Konzentrationsausdauer in Folge einer Behinderung gemeint beziehungsweise mit Krankheitswert.

Beispielsweise gelten Rückenprobleme gem?? der Rechtsprechung als Leistungshindernis. Als Nachteilsausgleich sind in diesen F?llen Ruhepausen zur Wiederherstellung der Leistungsf?higkeit anerkannt. Folglich dürften Ruhepausen zur Wiederherstellung der Leistungsf?higkeit bei fehlender Konzentrationsausdauer nicht zwingend ausgeschlossen sein.

Der Prüfling besitzt eine hinreichende geistige Leistungsf?higkeit, wobei die Konzentrationsf?higkeit aufgrund einer Behinderung gemindert ist (die Person l?sst sich schnell ablenken, beispielsweise aufgrund von ADHS, Neurodermitis mit st?ndigem Juckreiz, Epilepsie, Schilddrüsenerkankung oder psychischer Erkrankung mit Zwangshandlung oder Zwangsgedanken).

Kommt ein Ausgleich im sp?teren Beruf in Betracht, beispielsweise durch eine reizarme Umgebung (Einzelbüro et cetera), kann auch ein Nachteilsausgleich in Form eines gesonderten Raums oder in Form einer Sichtblende in Betracht kommen.

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