Pressemitteilung 2024/004 vom

Traktoren blockieren Stra?en, wütende Bauern hindern Wirtschaftsminister Robert Habeck am Verlassen einer F?hre, für die kommende Woche sind gro?fl?chige Proteste der Bauern geplant: Die Landwirte wollen damit gegen die Kürzung der Subventionen für Agrardiesel und gegen eine KfZ-Steuer für die Landwirtschaft demonstrieren. ?Durch den Druck, im Bundeshaushalt sparen zu müssen, ist endlich Bewegung in die Bemühungen gekommen, umweltsch?dliche Subventionen zu streichen. Insbesondere die Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen ist überf?llig“, sagt Martin Quaas, Professor für Bio?konomie an der Universit?t Leipzig und Leiter der Forschungsgruppe Biodiversit?ts?konomik am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversit?tsforschung (iDiv). Im Interview spricht er über die Proteste der Bauern, L?sungswege und seine eigene Forschung auf diesem Feld.

Deutschland gibt jedes Jahr viele Milliarden Euro für umweltsch?dliche Subventionen aus – von der Pendlerpauschale bis hin zur F?rderung von Biokraftstoffen. Wie bewerten Sie als Umwelt?konom die aktuellen Proteste der Landwirte gegen die Subventionskürzungen beim Agrardiesel und das Einlenken der Bundesregierung?

Prof. Dr. Martin Quaas: Wenn der Staat eine Subvention zahlt, muss er das überzeugend begründen. Für die Subvention des Dieselverbrauchs in der Landwirtschaft ist eine solche Begründung nicht mehr da. Im Gegenteil: diese Subvention bef?rdert umweltsch?dliches Verhalten. Es ist also wirtschaftspolitisch vernünftig, sie zu streichen.

Subventionen haben immer das Problem, dass die Begünstigten ein unmittelbares Interesse daran haben, ihren Sonderstatus zu erhalten. Insofern wundern mich die teilweise sehr heftigen Proteste der Landwirte nicht. Das Interesse der Allgemeinheit, umweltsch?dliche Subventionen nicht immer weiter zu gew?hren, ist weniger pr?sent. Es ist aber berechtigt. Die Bundesregierung hat mit ihrem Einlenken bei den Subventionen für Agrardiesel einen klugen Kompromiss gefunden. Denn sie bietet eine ?bergangsfrist an und h?lt zugleich an dem gesamtwirtschaftlich sinnvollen Ziel fest, die Subventionen zu streichen. 

Wenn umweltsch?dliche Subventionen im Sinne des Klimaschutzes abgebaut werden, wird es immer Menschen und Branchen geben, für die das ein harter Einschnitt ist. Wie kommen wir aus diesem Dilemma heraus? Wie k?nnen wir sie für mehr Umwelt- und Klimaschutz gewinnen?

Für klimasch?dliches Verhalten sollten die Verursacher einen Preis zahlen, und eben nicht durch Subventionen dafür belohnt werden. Die Anhebung des CO2-Preises in Deutschland ist darum genauso richtig wie die Streichung umweltsch?dlicher Subventionen. Für die Akzeptanz ist es wichtig, die Mittel sinnvoll einzusetzen, die der Staat damit zus?tzlich zur Verfügung bekommt. Ein Ansatz, den ich für richtig halte, ist das Klimageld, bei dem die Bürgerinnen und Bürger die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zurückerstattet bekommen.

Sie haben kürzlich den Zuschlag für das Graduiertenkolleg ?Economics of Connected Natural Commons (ECO-N)“ bekommen, in dem Sie mit Nachwuchswissenschaftler:innen diese komplexen Wechselwirkungen zwischen wirtschaftlichen Ansprüchen, menschlichem Verhalten und natürlichen Ressourcen erforschen wollen. Welche Instrumente und Mechanismen zur nachhaltigen Nutzung von natürlichen Gemeinschaftsgütern gibt es bereits beziehungsweise werden Sie dort genauer untersuchen?

Natürliche Gemeinschaftsgüter sind vielf?ltig. Eines der natürlichen Gemeinschaftsgüter, das wir im neuen Graduiertenkolleg untersuchen m?chten, ist ein intaktes Boden-?kosystem. Die vielf?ltigen Organismen im Boden tragen nicht nur zur Fruchtbarkeit des Bodens bei, sondern sie helfen auch, den Schadstoffabfluss zu verringern und Erosion zu vermeiden. Solche ?kologischen Dienstleistungen sind nützlich für Viele. Wenn Landwirtinnen und Landwirte durch ihre Bodenbewirtschaftung ein intaktes ?kosystem bef?rdern und damit dazu beitragen, solche Dienstleistungen zu erbringen, k?nnten sie durch angemessene Bezahlung dafür honoriert werden. Solche Anreize auszubauen, k?nnte auch dazu beitragen, neue Einnahmequellen für eine nachhaltige Landwirtschaft zu schaffen. 

 

Prof. Dr. Martin Quaas ist am Exzellenzclustervorhaben ?Breathing Nature“ im Rahmen der zweiten Wettbewerbsphase der Exzellenzstrategie von Bund und L?ndern beteiligt. Er forscht zu Fragen der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen, oft in interdisziplin?rer Zusammenarbeit mit ?kologinnen und ?kologen.

Prof. Dr. Martin Quaas ist einer von rund 200 Expert:innen der Universit?t Leipzig, auf deren Fachwissen Sie in unserem Expert:innen-Netzwerk zurückgreifen k?nnen.