1. K?nnen Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universit?t Leipzig?

Es gab da eine Einführungsveranstaltung mit allen Professoren und der Chef des Instituts hatte damals eine kurze Ansprache gehalten, die von Anfang an klarstellte, dass das Studium mit Schule nicht vergleichbar ist und die gestellten Ansprüche andere sind. Auf die schulischen Voraussetzungen wurde mit Skepsis geblickt. Da es aber immer mein Wunsch war, ein Studium aufzunehmen, hielt ich mich nicht lange damit auf. Die ersten Wochen und Monate waren eine Umstellung für mich. Ich musste lernen, eigenst?ndig meinen Alltag zu gestalten und mich selbstst?ndig um die entsprechenden Lerninhalte zu kümmern. Alles war neu, interessant und aufregend.

2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?

Bis zum Vordiplom wurden sehr viel Grundlagenwissen und eine allgemeine Einführung in die Thematiken des Studiums vermittelt. Im Hauptstudium konnte ich eigene Schwerpunkte setzen und habe mein pers?nliches Interessenprofil herausgearbeitet.

Mein Studium ist mir als vielf?ltig, lebhaft und herausfordernd in Erinnerung geblieben. Ich hatte einige Freiheiten, denen ich heute manchmal nachtrauere. Es war allerdings auch nicht immer einfach. Finanzielle Engp?sse, der zunehmende Erfolgsdruck und Unsicherheiten die Zeit nach dem Studium betreffend, waren vorhanden. Dennoch m?chte ich um keinen Preis der Welt meine Studienjahre missen, die für mich auch eine Schule des Lebens waren.

 3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?

In den ersten beiden Semestern zweifelte ich an meiner Studienwahl Hauptfach Geologie. Ich wollte mich mehr mit anthropogen induzierter Landschaftsentwicklung besch?ftigen. Deshalb habe ich das Hauptfach gewechselt hin zu Geographie und Geologie noch im Nebenfach belegt. Das war für mich die richtige Entscheidung und ich kann nur jedem dazu raten, Zweifel und Fragen hinsichtlich des Studienfaches zuzulassen, sich damit kritisch auseinanderzusetzen und die notwendigen Entscheidungen mit kühlem Kopf zu treffen. Die Studienberatung hat mir damals bei den notwendigen formalen Schritten sehr geholfen. Ein Gespr?ch mit der Fachstudienberatung kann ich in so einem Fall nur jedem empfehlen.

4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?

Meine Interessen galten schon früh naturwissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Themen. Die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt, die durch den Menschen verursachten Ver?nderungen und die oft problematischen Folgen daraus haben dabei einen besonderen Schwerpunkt gebildet.

Aus meiner pers?nlichen Sicht sehe ich ein gro?es Potenzial zur Bew?ltigung der Herausforderungen im Einsatz von IT-Systemen. Die Beantwortung der wesentlichen Fragen zu Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt, das Monitoring und Controlling der Ver?nderungsprozesse sowie die Steuerung von Entwicklungsprozessen ist aufgrund der Komplexit?t ohne die Unterstützung durch IT-Systeme nicht (mehr) denkbar.

5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?

Nach meinem Studium hatte ich zun?chst den Wunsch, meine Ausbildung im Rahmen einer Promotion fortzuführen und mich damit zu spezialisieren. Aus verschiedenen Gründen ist es dazu aber nicht gekommen. Ich habe mich dann angewandten Themen zugewandt und bin zun?chst in die Immobilienwirtschaft eingestiegen. Danach habe ich mit dem Einsatz von geographischen Informationssystemen zur Steuerung verschiedenster wirtschaftlicher Prozesse (Marketing, Standortanalysen) zu tun gehabt und besch?ftige mich heute mit der Abwicklung und Steuerung von Gesch?ftsprozessen der Energiewirtschaft mittels IT-Systemen. Die Verbindung zwischen IT und Energie finde ich dabei sehr interessant und spannend.

6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche T?tigkeit gepr?gt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer T?tigkeit? K?nnen Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?

Thematisch bin ich jetzt nicht mehr so nah an meinem Studienfach. Aber ich habe einiges an Handwerkszeug in meinen beruflichen Werdegang einbringen k?nnen. So sind mir zum Beispiel die Erfahrungen mit der Erhebung, Analyse und Darstellung von raumbezogenen Daten mittels Geographischen Informationssystemen (GIS) hilfreich gewesen. Das selbstst?ndige zielorientierte Arbeiten in den eigenen studentischen Projekten (z.B. beim Anfertigen der Diplomarbeit) hat mir ebenfalls bei vielen T?tigkeiten in der Arbeitswelt geholfen. Darüber hinaus besch?ftige ich mich aber immer noch mit geographischen Thematiken und habe parallel zu meinen beruflichen T?tigkeiten einige Publikationen ver?ffentlicht.

7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?

Ein typischer Arbeitstag sieht z.B. Meetings mit dem Kunden zur Spezifizierung von Anforderungen oder interne Meetings zur Ausgestaltung bestimmter Umsetzungsideen vor. Zu jeder Anforderung muss ein Pflichtenheft bzw. eine kurze Beschreibung der Umsetzung geschrieben werden. Daneben leiste ich t?glich operative Systemhilfe und unterstütze die Kunden beim Bew?ltigen des Tagesgesch?ftes. Je nach Projektphase kommen auch vielf?ltige T?tigkeiten bei der Einführung von Softwareupdates oder neuen Softwareprodukten auf. Die Komplexit?t und zeitliche Kritikalit?t der Gesch?ftsprozesse unserer Kunden verlangen hier ein pr?zises und hochqualifiziertes Vorgehen.

8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?

Aufgrund der sehr hohen Komplexit?t und zeitlichen Kritikalit?t der Gesch?ftsprozesse sind für mich die folgenden drei Kompetenzen sehr wichtig:

  • 1. Kommunikationsf?higkeit: Verbale und non-verbale Kommunikation sind der Schlüssel für eine gut funktionierende Zusammenarbeit mit Kollegen und Kunden.
  • 2. Besonnenheit: In schwierigen und stressigen Situationen immer Ruhe bewahren und mit klarem Verstand an L?sungen arbeiten.
  • 3. Verl?sslichkeit: Kollegen und Kunden müssen sich auf die Erledigung der zugewiesenen Aufgaben immer verlassen k?nnen.


9. Wie gelingt Ihrer Meinung nach ein guter Berufseinstieg in Ihrer Branche (Einstiegswege, Bewerbungstipps, etc.)?

Nach wie vor z?hlen aussagekr?ftige Praktika oder anwendungsbezogene Projekte im Studium zu guten Voraussetzungen. Hilfreich sind auch Nebent?tigkeiten als z.B. Hilfswissenschaftler oder diverse Nebenjobs idealerweise in Unternehmenszweigen, in denen man sich vorstellen kann, sp?ter mal zu arbeiten.

Aus den Bewerbungsunterlagen muss ersichtlich sein, dass man das Unternehmen weiter bringen kann und für die ausgeschriebene Stelle gut geeignet ist. Ein gut formuliertes Anschreiben und ein gut strukturierter Lebenslauf sind obligatorisch.

10. Was würden Sie den heutigen Studienanf?nger/innen mit auf den Weg geben?

Das Studium sollte von Anfang an zielorientiert und gut geplant angegangen werden. Wenn es neben dem heutigen Bachelor- und Mastersystem überhaupt noch m?glich ist, dann rate ich auch mal zu einem Blick über den Tellerrand des eigenen Studiums hinaus. Zu keiner Zeit im Leben hat man so viele M?glichkeiten, am Wissen, an den Erfahrungen und Erkenntnissen anderer teilzuhaben. Darüber hinaus sollte man Spa? haben am Studium und am studentischen Leben ohne sich st?ndig mit der Frage zu qu?len, was danach kommen wird. Frühzeitig eine Vorstellung von dem zu haben, was man sp?ter mal ?arbeiten“ m?chte, kann aber nicht schaden. Es ist ein sehr sch?ner, wenn auch manchmal anstrengender Lebensabschnitt, der so im sp?teren Leben nicht wiederkommt.

Pers?nliche Angaben

  • Name: Baude, Mike
  • Geburtsjahrgang: 1979
  • Studiengang: Geographie, Nebenf?cher Geologie und Chemie
  • Jahr der Immatrikulation: 1999
  • Jahr der Exmatrikulation: 2006
  • Heutiger Arbeitgeber/Position: ECG Leipzig/Project & System Engineer, Teil-Projektleiter

Interview Stand Januar 2015