1. K?nnen Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universit?t Leipzig?

Die ersten Tage im kleinen psychologischen Institut mit der liebevollen und umsorgenden Betreuung des Fachschaftsrates, in der gro?en Stadt mit den Partys, dem alten H?rsaalgeb?ude und der MB waren sehr sehr aufregend, keinesfalls ?ngstigend. Einen ersten Eindruck von der Uni kann ich nicht pauschal wiedergeben, zu unterschiedlich waren der Mini-Campus der Psychologen und Biologen in der Seeburg- und der Talstra?e zum Rest des Massenbetriebs des H?rsaalgeb?udes und des DHfK-Campus’. Alles in allem scheint der Eindruck nicht negativ gewesen zu sein, sonst würde ich mich besser erinnern ;-)

2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?

?Uni haben“ war für mich anfangs nur ein Vehikel um m?glichst viele Leute kennen zu lernen und viel Spa? zu haben: Im Park, beim Unisport oder bei den legend?ren Montagspartys im alten Nachtcafé oder bei ?All you can dance“ in der MB. Weder empfand ich den Stoff als überm??ig herausfordernd, noch die Menge der Wochenstunden (14!!! im ersten Semester). Je weiter die Semester fortschritten, desto interessanter, anstrengender und herausfordernder wurde es allerdings. Die Zeit des Hauptstudiums war natürlich die interessanteste: Ich suchte mir die richtige Vertiefungsrichtung aus, forschte mit Herzenslust und belegte freiwillig BWL im Nebenfach. Der Abschluss mit allen Prüfungen und der Diplomarbeit war nicht einfach, aber auch nicht sonderlich schwer. Ich nehme an, dass unsere Lehrenden genügend Leidenschaft und Interesse für den Stoff geweckt hatten, dass das meiste aus Vorlesungen, Seminaren und 亚洲通_亚洲通官网¥娱乐网址n auch so h?ngen blieb und nicht alles nachgearbeitet werden musste. Alles in Allem würde ich den Studiengang inhaltlich jedem empfehlen. Wer überhaupt kein Faible für Zahlen hat, muss sich allerdings durch den statistischen Part durchk?mpfen wollen. Wie allerdings der Aufbau des Studiums jetzt mit Bachelor/Master-System aussieht, wei? ich nicht. So wie es damals als Diplomstudiengang aufgesetzt war, war es jedoch sehr gut.

3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?

In den ersten Semestern habe ich gezweifelt: Erst hatten wir aufgrund vakanter Lehrstühle zu wenig Stoff, dann im dritten und vierten Semester alles auf einmal. Und immer wieder dieser extreme Fokus auf Biologischer Psychologie. Furchtbar ;-) Allerdings – und das kommt auch bei Frage 10 nochmal – gab es Lehrende/Forschende, die mich begeistert haben und mir zeigten: Es ist nicht alles langweilig, ermüdend und anstrengend. Bew?ltigungsstragie also: Disziplin haben, die uninteressanten Sachen durchziehen und den Rest mit Leidenschaft bearbeiten.

4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?

Ich wollte von Anfang an in der Personalentwicklung in einem Unternehmen arbeiten. Wirtschaftspsychologie bot sich da besser an, gab es damals allerdings nur im Harz oder in G?rlitz.  Entscheidungskriterium Nummer 1 also: Die Stadt Leipzig! Kriterium Nummer 2: Ich konnte einfach so Psychologie studieren, weil meine Abinote ausreichend war für den damaligen NC. Kriterium Nummer 3: Kein Massenbetrieb: Ich kannte eine Schulfreundin, die auch in Leipzig studierte, 80 Studenten pro Jahrgang, 12 Professoren – sehr famili?r. Kriterium Nummer 4: Das Fach ist so unheimlich vielf?ltig, damit kann man hinterher alles m?gliche machen – und ich fand es h?chst interessant, über das Verhalten und Erleben von Menschen nachzudenken und es besser verstehen zu lernen.

PS: Die Kriterien sind nicht nach Priorit?t geordnet ;-)

5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?

Mein Hauptstudium ist charakterisiert als eine Zeit voller Wechsel: Ein Praktikumssemester, 2 Semester studieren, 1 weiteres Praktikumssemester, 1 Semester studieren, Prüfungen und die Diplomarbeit schreiben und nochmal ins Praktikum – sicherheitshalber, immerhin war Wirtschaftskrise... Das komplette Leben richtete man auf den 6-Monate-Rhytmus aus. Leipzig – Düsseldorf – Leipzig – Stuttgart – Leipzig – Stuttgart – Leipzig – Frankfurt. Gependelt bin ich enorm viel. Aber missen will ich das nicht. Die wichtigsten Stationen waren also die praktischen Erfahrungen bei verschiedenen Unternehmen, die ich sammeln konnte (2x DAX 30, eine Unternehmensberatung, ein mittelst?ndischer Dienstleister). Im Ausland für ein Semester oder ein Praktikum war ich nie, meine Priorit?t lag auf dem leistungsorientierten Volleyball – das h?tte sich nicht richtig vertragen.

Den richtigen Einstieg ins Berufsleben nach dem Studium machte ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber im Traineeprogramm (2010) und bin seitdem im Konzern; aktuell auf der Stelle, auf der ich nach dem Traineeprogramm eingesetzt wurde.

6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche T?tigkeit gepr?gt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer T?tigkeit? K?nnen Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?

Derzeit arbeite ich in einer stabs?hnlichen Stelle im Thema Prozessverbesserung/Lean Management und mache eher Organisationsentwicklung, Change Management und Lean als origin?r psychologische Sachen. Allerdings kommen mir besonders das im Studium gut trainierte Reflektionsverm?gen, die F?higkeit Zusammenh?nge zu erkennen, das hohe Ma? an statistischen Kenntnissen und ein gewisses Gespür für soziale Situationen zu Gute. Politik ist ein gro?er Bestandteil meines Arbeitslebens, nur getoppt von Kommunikation und (Achtung Bullshit-Bingo) Stakeholdermanagement. Mein Chef sch?tzt die Art, wie wir Psychologen auf Probleme schauen und die im Studium ebenso erlernte F?higkeit zum st?ndigen Perspektivenwechsel.

Inhaltlich kann ich bis auf einige Sachen im Rahmen des Ver?nderungsmanagements recht wenig origin?r psychologische Studieninhalte (Klinische Psychologie, Intervention/Beratung/Therapeutische Inhalte) anwenden.

7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?

Telearbeit. Ich verbringe den Gro?teil meiner Arbeitszeit vorm Rechner (Outlook, Excel, Powerpoint, Sharepoint) und vorm Telefon – meine Stakeholder sind weltweit verteilt, ca. 40% der Kommunikation findet in Englisch statt. Ein weiterer gro?er Block ist die Moderation von Prozessverbesserungs- und Change-Workshops im Rahmen von klassischer Projektarbeit. Au?erdem gebe ich Trainings/Seminare in Lean, gr??tenteils in Deutschland, weniger im Ausland.

8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?

  • Analytik, sowohl in der Zahlenwelt, als auch in sozialen Situationen.
  • Kommunikationsf?higkeit gepaart mit Reflektionsf?higkeit und dem ?Sich-in-andere-hineinversetzen-k?nnen“
  • Zeitmanagement und Priorisieren k?nnen: In einer Stabsfunktion ist es unheimlich wichtig, die unbalancierten Arbeitsauftr?ge richtig einsch?tzen und mit dem gebotenen Aufwand zu bearbeiten.

9. Wie gelingt Ihrer Meinung nach ein guter Berufseinstieg in Ihrer Branche (Einstiegswege, Bewerbungstipps, etc.)?

Da ich in einer Konzernzentrale in einem Thema arbeite, was inhaltlich nicht an die Branche gebunden ist (Prozessverbesserung), kann ich die Frage so nicht spezifisch beantworten. Grunds?tzlich sollte man schnellstm?glich wissen, was einem Spa? macht, sich ein Thema (eine Nische) suchen, für die man Affinit?t und Leidenschaft hat und alles weitere ergibt sich. Bewerbungstipps: ?BEN, ?BEN, ?BEN: Assessment Center, Vorstellungsgespr?che, Online-Tests. Alles kann man heutzutage üben, und sei es, dass man sich für eine Stelle bewirbt, die man eigentlich nicht will, bei der man aber ein AC oder ein Interview ohne Druck führen kann, um in diesen Verfahren mehr Sicherheit zu entwickeln.

10. Was würden Sie den heutigen Studienanf?nger/innen mit auf den Weg geben?

Orientiert Euch an Menschen, die Euch faszinieren! Vor allem solange Ihr noch nicht genau wisst, was genau ihr in Eurem sp?teren Berufsleben machen wollt. Sucht Euch ein Thema, an dem Ihr Spa? habt, bei dem Ihr mit Leidenschaft dabei seid und werdet darin besser.

Scheut euch nicht, in schwierigen Situationen Hilfe aufzusuchen: Sei es die/der Partner/in, die Familie, Freunde, ein Coach, ein Mentor oder ein Berater/Therapeut – manche Dinge schafft man nicht allein

Pers?nliche Angaben

  • Name: Johannes Ludwig
  • Geburtsjahrgang: 1982
  • Studiengang: Psychologie (Dipl.)
  • Jahr der Immatrikulation: 2002
  • Jahr der Exmatrikulation: 2009
  • Heutiger Arbeitgeber/Position: Deutsche Post AG - Zentrale/ Angestellter

(Interview Stand Juni 2013)