Eine Woche lang hatte die Germanistikdozentin und Dolmetscherin Dr. Daria Kasianenko mit ihrer Familie in Kiew ausgeharrt, welches über Nacht zum Kriegsgebiet geworden war. Sie hatte gesehen, wie Nachbarn ihre Autos beluden und aus der Stadt flüchteten. Sie selbst waren sicherheitshalber auf ihre Datscha gefahren. Diese liegt 50 Kilometer au?erhalb von Kiew auf einem Hügel mit Blick auf Butscha – jenen Ort, den die Welt inzwischen mit schrecklichen Kriegsverbrechen in Verbindung bringt. ?Wir hofften, dort würde es ruhiger sein.“ Doch schnell war klar, dass dies nicht so war. ?Wir haben es mit unseren eigenen Augen gesehen“, sagt Kasianenko per Zoom aus Berlin, wo sie inzwischen mit ihren beiden Kindern wohnt, in der Zweitwohnung eines Lufthansa-Piloten. Den Kontakt vermittelte eine befreundete Stewardess. ?Gott sei Dank haben wir es geschafft, aus Kyjiw und der Ukraine herauszukommen – nachts in einem übervollen Zug, der wegen der Raketenangriffe im Dunkeln fuhr“, sagt sie. ?Die Unterstützung und die Menschlichkeit, die wir in Deutschland erfahren haben, erscheint uns unglaublich, und dass auch alles so schnell geklappt hat. Insbesondere der Universit?t Leipzig m?chte ich sehr danken.“ Von Berlin aus, wo ihr Sohn in die Schule und ihre Tochter in die Kita gehen, arbeitet sie projektweise – vermittelt über das Herder-Institut – mit dem Institut für Linguistik und Angewandte Translatologie (IALT) der Universit?t Leipzig zusammen. Ende des Sommersemesters war sie bereits Prüferin für die Modulprüfungen im Fachdolmetschen III.
Die ersten Wochen erhielt Dr. Daria Kasianenko, die zur ?bersetzung der gesetzgebenden Akten der EU promoviert hat, ein Erasmus-Stipendium. Anschlie?end bekam sie, wie drei weitere Kolleginnen, Unterstützung vom Dekanat über eine Gastvereinbarung der Philologischen Fakult?t in Leipzig mit der TSU. In Kiew lehrt sie parallel online, hat sogar Stunden von Kolleg:innen übernommen, die die TSU g?nzlich verlassen haben.