1. K?nnen Sie sich noch an Ihre ersten Studientage erinnern – wie war Ihr erster Eindruck von der Universit?t Leipzig?

Nach meinem Musikstudium an einer kleinen amerikanischen Universit?t empfand ich den Trubel an der Uni Leipzig als angenehm und erfrischend. Die famili?re und freundliche Atmosph?re am Institut für Musikwissenschaft boten dabei ideale Bedingungen zum Lernen. Im Gegensatz zu anderen Fakult?ten fanden bei den ?Muwis“ keine anonymen Massenveranstaltungen in überfüllten H?rs?len statt. Ein intensiver Dialog zwischen Lernenden und Lehrenden, sowie ein reger Austausch der Studierenden untereinander geh?rte zum Institutsalltag. Und natürlich hat die Musikstadt Leipzig mit ihrem vielf?ltigen kulturellen Programm für Studenten der Musikwissenschaft einiges zu bieten: Es gibt Proben- und Festivalbesuche, M?glichkeiten zur Mitarbeit an aktuellen 亚洲通_亚洲通官网¥娱乐网址n und interessante interdisziplin?re Angebote.

2. Wenn Sie zurückblicken, wie würden Sie Ihr Studium kurz beschreiben?

W?hrend meiner Studienzeit fand gerade die Umstellung der Magister-Studieng?nge auf das Bachelor-Master-System statt. Dies führte zu einigen Verwirrungen und Verz?gerungen – ich wollte nicht zum letzten Jahrgang mit Magister-Abschluss geh?ren, sondern den Bachelor (und anschlie?end den Master) erwerben, da ich gro?en Wert darauf legte, dass meine Ausbildung auch im Ausland anerkannt wird, ohne vorher in einem komplizierten Verfahren konvertiert werden zu müssen. So begann ich mein Studium im Magister-Programm mit den Studieng?ngen Japanologie und Musikwissenschaft. Nach der Umstellung auf das Bachelor-System verzichtete ich auf die Fortführung der sehr zeitintensiven Japan-Studien (ich habe neben dem Studium gearbeitet, um meine Lebenserhaltungskosten zu decken) und konzentrierte mich ganz und gar auf die Musikwissenschaft.

Der Studienalltag bestand aus einer anregenden Mischung theoretischer und berufsrelevanter Veranstaltungen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir dabei das von Prof. Bernd Franke angeregte Komponisten-Projekt: In kleinen Gruppen haben wir uns intensiv mit dem Leben und Werk einiger bedeutender Komponisten der DDR-Zeit auseinandergesetzt. Wir führten Interviews, analysierten Musikstücke, besuchten Konzerte und wurden von den Komponisten sogar zu Hause empfangen. Die Besch?ftigung mit dem Komponisten Siegfried Thiele empfand ich als ungemein anregend und interessant. Auch nach Abschluss des Seminars wollte mich die Thematik nicht loslassen; so habe ich schlie?lich in meiner Master-Arbeit das Komponistenprojekt vertiefend weitergeführt.

3. Haben Sie jemals an Ihrer Studienwahl gezweifelt? Wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?

Gegen Ende meines Bachelor-Studiums habe ich mit dem Gedanken gespielt, meinen Master in Journalistik zu machen. Da ich schon immer gern mit Texten gearbeitet habe, erhoffte ich mir eine Zukunft im Bereich des Musik- und Kulturjournalismus. Ich habe in den Semesterferien ein Vollzeit-Praktikum in der Redaktion eines Leipziger Kulturmagazins absolviert und dort jede Menge Artikel geschrieben. Letzten Endes bin ich der Musikwissenschaft dann aber doch treu geblieben und statt journalistisch t?tig zu werden, habe ich w?hrend des Studiums zunehmend Texte im Musikbereich übersetzt.

4. Welche Motivationen haben Ihre Studien- bzw. Berufswahl bestimmt?

Ich habe mich schon als Kind für die Musik, aber auch für Sprache und das Schreiben begeistert. Die Musikwissenschaft bot mir die M?glichkeit, beide Interessen zu kombinieren: Ich wollte über die Musik schreiben. Die musiktheoretische und -historische Ausbildung sah ich als ideale Erg?nzung zu meinem musikpraktischen Studium.

Die Vernetzung w?hrend des Studiums hat es mir erm?glicht, erste Berufserfahrungen als ?bersetzerin zu sammeln. Für das Grassimuseum Leipzig habe ich beispielsweise Faltbl?tter- und Ausstellungstexte zu historischen Musikinstrumenten ins Englische übertragen.

5. Was waren wichtige Stationen auf Ihrem beruflichen Weg?

Nach dem Master-Studium stand für mich fest, dass ich das ?bersetzen zum Beruf machen m?chte, also habe ich den Sprung in die Selbstst?ndigkeit gewagt. Dank einiger Jahre Berufserfahrung und meinem Master-Abschluss erfüllte ich die n?tigen Kriterien, um die Staatsprüfung für ?bersetzer und Dolmetscher in Sachsen abzulegen. Das war ein 亚洲通_亚洲通官网¥娱乐网址 wichtiger Schritt, da ich an der Universit?t keine ?bersetzerausbildung absolviert hatte. Die Vorbereitung zur Staatsprüfung hat mich dabei oft an meine Belastungsgrenze gebracht – besonders, da ich in dieser Zeit gerade dabei war, als Freiberufler Fu? zu fassen und meine ersten Buchauftr?ge in einer musikgeschichtlichen Bildungsreihe akquiriert hatte. Die Prüfung selbst war eine enorme Herausforderung, doch sie ebnete mir viele Wege – danach konnte ich mich beim Oberlandesgericht beeidigen lassen und darf nun auch Urkundenübersetzungen anfertigen.

Der n?chste Schritt führte mich in das Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie der Universit?t Leipzig. Ein besonders spannendes ?bersetzungsprojekt mit musikwissenschaftlichem Hintergrund hatte mich dazu angeregt, ein Dissertationsthema auszuarbeiten, welches im Institut auf Interesse stie?. Im Rahmen dieses Projektes er?ffnete sich kürzlich für mich am IALT die M?glichkeit einer wissenschaftlichen Mitarbeiterstelle, die nun ganz neue Herausforderungen für mich bereit h?lt – ab Herbst darf ich meine ersten Lehrveranstaltungen leiten.

6. Wie sehr hat Ihr Studium Ihre jetzige berufliche T?tigkeit gepr?gt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrem Studium und Ihrer T?tigkeit? K?nnen Sie noch Dinge aus Ihrem Studium nutzen?

Als ?bersetzerin ist für mich ein deutliches Alleinstellungsmerkmal zur Konkurrenz besonders wichtig, und das Studium der Musikwissenschaft erm?glicht mir eine sehr spezielle Profilierung. Wenn ein Museum, ein Kulturverein, ein Musikverlag oder die Leitung eines Musikwettbewerbes einen ?bersetzer sucht, kann ich mit umfassendem Fachwissen punkten. Hin und wieder übersetze ich auch musikwissenschaftliche Forschungsbeitr?ge für Konferenzen und internationale Publikationen – ein Highlight meines Berufsalltages, das ganz eigene Schwierigkeiten birgt und mir spannende Herausforderungen bietet. Ein ?fachfremder“ ?bersetzer w?re hierfür nicht die richtige Wahl.

7. Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrer jetzigen Position aus?

Typische Arbeitstage sind für ?bersetzer relativ. Es gibt Zeiten, in denen ich mehrere gro?e Projekte gleichzeitig bearbeite und mit einigen Pausen von früh morgens bis tief in die Nacht am Schreibtisch sitze. Der Abgabetermin ist sozusagen mein Chef: Er bestimmt, ob ich im Urlaub, am Wochenende und an Feiertagen arbeiten muss. Dafür habe ich jedoch auch viele Freiheiten: ich kann mir meine Zeit weitestgehend frei einteilen und bei sch?nem Wetter kann ich sogar mit meinem Laptop oder meinen Korrekturumbrüchen auf dem Balkon arbeiten.

8. Was sind die wichtigsten drei Kompetenzen in Ihrem Arbeitsalltag?

Allen voran stehen Disziplin und ein gutes Zeitmanagement. Je schwieriger ein Text ist, desto langwieriger ist der Prozess zu einer wirklich guten ?bersetzung. Da gerade zu Hause die Ablenkungsgefahr gro? ist, überlege ich mir zu Beginn jedes Projektes, welches Pensum ich pro Tag bzw. Woche erfüllen muss, um den Abgabetermin einhalten zu k?nnen. Au?erdem ist es wichtig, professionell mit Kunden zu kommunizieren. Das klingt selbstverst?ndlich, ist aber leider bei Dienstleistern noch nicht die Norm. Man darf sich nicht scheuen, auf potenzielle Kunden zuzugehen, Preise zu verhandeln und unrealistische Anfragen ehrlich und doch h?flich zu beantworten.

9. Was würden Sie den heutigen Studienanf?nger/innen mit auf den Weg geben?

Bleiben Sie neugierig und offen für Wege abseits der Norm – manchmal ergeben sich Chancen dort, wo man nie damit gerechnet h?tte. Besonders wichtig finde ich, interdisziplin?re Arbeitsfelder im Auge zu behalten und individuelle Qualifizierungen zu erarbeiten – sei es durch Praktika, Arbeit neben dem Studium oder einer Involvierung in einem aktuellen Forschungsprojekt. M?glichst nah am Geschehen zu bleiben, ist in der Musikwissenschaft besonders wichtig. Nehmen Sie Konzerttermine wahr, besuchen Sie Festivals, vernetzten Sie sich und suchen Sie nach Projekten, die Sie begeistern – auch über das Studium hinaus.

Pers?nliche Angaben

  • Name, Vorname: Heyne, Maria
  • Geburtsjahrgang: 1981
  • Studiengang: Musikwissenschaft
  • Jahr der Immatrikulation: 2005
  • Jahr der Exmatrikulation: 2011
  • Heutiger Arbeitgeber/Position: Staatlich geprüfte ?bersetzerin (freiberuflich selbstst?ndig), Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie der Universit?t Leipzig

(Interview Stand August 2014)