Pressemitteilung 2024/111 vom

Derzeit leben in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Durch die gestiegene Lebenserwartung wird der Anteil weiter wachsen: Auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes rechnen Expert:innen mit bis zu zwei Millionen F?llen im Jahr 2033. Erstmals wurde eine Interventionsstudie zur Vorbeugung geistiger Abbauprozesse bei ?lteren Hausarztpatient:innen durchgeführt. Die Ergebnisse sind unter Federführung der Medizinischen Fakult?t der Universit?t Leipzig entstanden und in der Fachzeitschrift ?Alzheimer’s & Dementia“ ver?ffentlicht worden.

Das Wissen zu beeinflussbaren Risikofaktoren, die eine Demenz verz?gern oder gar verhindern, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. So k?nnen zum Beispiel ausreichend Bewegung, gute soziale Integration und gesunde Ern?hrung dazu beitragen, die geistige Leistungsf?higkeit aufrechtzuerhalten. Zur Pr?vention von Demenz haben sich solche Ver?nderungen des Lebensstils als besonders effektiv herausgestellt, die mehrere Risikofaktoren gleichzeitig adressieren. Erste Interventionsstudien aus anderen L?ndern zeigen, dass ?nderungen des Lebensstils auch im h?heren Alter effektiv sein k?nnen, um den Abbau der geistigen Leistungsf?higkeit zu verhindern.

Eine Studie mit sogenannter Multikomponenten-Intervention bei ?lteren Personen wurde nun auch erstmals in Deutschland durchgeführt, und zwar unter Federführung des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Medizinischen Fakult?t. Im Rahmen der AgeWell.de-Studie sind bundesweit an fünf Standorten insgesamt 1.030 ?ltere Hausarztpatient:innen zwischen 60 und 77 Jahren untersucht, bei der Umsetzung der Pr?ventionsma?nahmen begleitet und 24 Monate beobachtet worden. Die Teilnehmenden wurden nach dem Zufallsprinzip einer Interventions- oder Kontrollgruppe zugeteilt. 

Depressive Symptome bei Frauen verringert

Die Studienma?nahmen umfassten die Optimierung der Ern?hrung und der Medikation, sowie eine Steigerung der k?rperlichen, sozialen und geistigen Aktivit?t. Geschulte Studienassistent:innen halfen den Teilnehmenden bei der Umsetzung. Bei Bedarf wurden Personen mit depressiven Symptomen zus?tzlich unterstützt. Alle Teilnehmenden wurden haus?rztlich in normalem Umfang betreut. Die Personen der Kontrollgruppe erhielten einmalig schriftliche Gesundheitsinformationen zu Inhalten der Intervention. 

?Zum Studienende hat sich der subjektiv wahrgenommene Gesundheitszustand der Teilnehmenden signifikant verbessert. Bei Frauen gingen depressive Symptome durch die Intervention zurück. Allerdings konnten wir in dieser relativ kurzen Nachbeobachtungszeit keine signifikanten Unterschiede in der geistigen Leistungsf?higkeit feststellen. Aber wir konnten zeigen, dass sich das Risikoprofil der Studienteilnehmer durch die Intervention verbesserte, also etablierte Risikofaktoren für Demenz positiv beeinflusst wurden“, sagt Dr. Andrea Zülke, Studienkoordinatorin von AgeWell.de und Wissenschaftlerin am ISAP. Insbesondere die Ern?hrung, aber auch Blutdruckwerte der Teilnehmenden verbesserten sich. Faktoren, die auch anderen Krankheitsbildern, wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken.  

Teilnehmende aus Hochrisikogruppen 

?Mit AgeWell.de haben wir gezeigt, dass Multikomponenten-Interventionen für einen gesunden Lebensstil im Alter auch in Deutschland umsetzbar sind, insgesamt konnten wir über 1000 Teilnehmende aus Hochrisikogruppen für die Studie gewinnen. Das waren nicht die typischen Teilnehmer:innen von Pr?ventionsstudien – wir konnten wirklich Menschen mit einem erh?hten Risiko einschlie?en: 40 Prozent hatten eine Zuckerkrankheit, 54 Prozent Bluthochdruck und 55 Prozent waren adip?s. Die Ergebnisse zur Ver?nderung des Risikoprofils sind ermutigend. Wir gehen davon aus, dass solche Interventionsstudien l?ngere Beobachtungszeitr?ume brauchen, damit die Effekte der Lebensstilver?nderungen ihr volles Potenzial entfalten k?nnen“, erkl?rt Prof. Dr. Steffi G. Riedel-Heller, Direktorin des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universit?t Leipzig.

Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziell gef?rdert. 

Originalpublikationen in Alzheimer's & Dementia: 

Effects of a multi-domain intervention against cognitive decline on dementia risk profiles – results from the AgeWell.de-trial. DOI: 10.1002/alz.14097

A multidomain intervention against cognitive decline in an at-risk-population in Germany: Results from the cluster-randomized AgeWell.de trial. DOI: 10.1002/alz.13486