Pressemitteilung I2020/001 vom

Basiert auf einer Medienmitteilung der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena. Die Blumen auf der Wiese blühen in voller Pracht – aber weit und breit ist keine einzige Biene zu sehen. Was heute noch unwahrscheinlich klingt, k?nnte in Zukunft durchaus h?ufig vorkommen. Denn, so hat eine Forschungsgruppe der Universit?t Jena und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversit?tsforschung (iDiv) herausgefunden, Insekten haben einen entscheidenden Einfluss auf die Biodiversit?t und Blühphasen von Pflanzen. Fehlen Insekten im Umfeld der Pflanzen, ver?ndert sich deren Blühverhalten. Dies kann dazu führen, dass die Lebenszyklen der Insekten und die Blütezeit der Pflanzen nicht mehr übereinstimmen. Gehen die Insekten aber zur falschen Zeit auf Nektarsuche, werden manche Pflanzen nicht mehr best?ubt.

?kosysteme ver?ndern sich weltweit, insbesondere bedingt durch die globale Erw?rmung und ver?nderte Landnutzung. Insektenarten sterben aus und die Insektenbiomasse nimmt ab. Bisher untersuchte die Forschung deshalb, wie sich die Biodiversit?t von Pflanzen im Rahmen des Klimawandels ver?ndert. Dazu wurden mittels unterschiedlicher Temperatur und Niederschlag verschiedene klimatische Szenarien simuliert.

Neuartige Forschungsmethode im iDiv-Ecotron

In einer aktuellen Studie im Fachmagazin Frontiers in Plant Science stellt die Arbeitsgruppe Biodiversit?t der Pflanzen der Universit?t Jena um iDiv-Mitglied Prof. Dr. Christine R?mermann jetzt einen anderen Forschungsansatz vor: In Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des iDiv um Prof. Nico Eisenhauer fokussieren sich die Forschenden auf den Einfluss von Wirbellosen, z. B. von Insekten, auf die Biodiversit?t und das Blühverhalten der Pflanzen. ?Wir wissen, dass die Zahl der Insekten sinkt“, erl?utert Josephine Ulrich, Doktorandin aus R?mermanns Team und verweist auf eine Studie aus dem Jahr 2017, die einen Insektenschwund um 75 Prozent in den vergangenen 30 Jahren feststellt. 

Die Jenaer Forschungsgruppe hat nun erstmals detailliert untersucht, inwiefern die sinkende Insektendichte die Entwicklung von Pflanzen beeinflusst. W?hrend bisher nur Freiland-Versuche dazu durchgeführt wurden, nutzte das Forscherteam das Ecotron, eine Forschungseinrichtung des iDiv. In künstlichen ?kosystemen k?nnen identische klimatische Situationen simuliert und per Kamera beobachtet werden.

Im Experiment testeten die Forscherinnen und Forscher, wie sich die Pflanzenzusammensetzung und die pflanzliche Entwicklung ver?ndern, wenn der vorhergesagte Rückgang der Insektenzahl um drei Viertel erfolgt. 

Zeitliche Diskrepanz zwischen Pflanzen- und Tierwelt

Ulrich und ihre Kolleginnen und Kollegen fanden dabei heraus, dass durch den geringeren Insektenbestand eine Artenverschiebung unter den Pflanzen stattfindet. Dabei erh?ht sich vor allem die H?ufigkeit der dominierenden Pflanzenarten, z. B. des Wiesenklees. Auch die Entwicklung der Blüte ver?nderte sich mit abnehmender Insektendichte. Manche der untersuchten Pflanzen blühten früher, andere sp?ter. ?Durch diese Ver?nderungen kann es zu einer zeitlichen Diskrepanz zwischen Pflanzen- und Tierarten kommen. Daraus resultieren negative Folgen für das ?kosystem“, so Ulrich, die Erstautorin der vorgelegten Studie. Beispiele dafür sind die Nahrungsmittelversorgung der Insekten und der Best?ubungserfolg. Diese Verschlechterung der ?kosystemfunktion k?nnte einen weiteren Artenverlust von Insekten und Pflanzen nach sich ziehen. Eine weitere Folge k?nnte ein zunehmender Sch?dlingsbefall der Pflanzen sein. Durch die sinkende Zahl der Insekten, die sich u. a. von L?usen ern?hren, k?nnten sich diese ungehindert ausbreiten. 

 

Originalpublikation
(Wissenschaftler mit iDiv-Affiliation fett)
Josephine Ulrich, Solveig Franziska Bucher, Nico Eisenhauer, Anja Schmidt, Manfred Türke, Alban Gebler, Kathryn Barry, Markus Lange and Christine R?mermann (2020): Invertebrate Decline Leads to Shifts in Plant Species Abundance and Phenology, Frontiers in Plant Science, DOI: 10.3389/fpls.2020.542125