Pressemitteilung 2023/220 vom

Bei Menschen mit Myelodysplastischen Neoplasien (MDS) produziert der K?rper zu wenig funktionstüchtige Blutzellen. Die Betroffenen sind meist in einem hohen Alter und leiden an einer An?mie, auch ?Blutarmut“ genannt, die eine Vorstufe zur akuten Leuk?mie sein kann. Imetelstat, ein von der Standardtherapie abweichender Wirkstoff, kann über einen l?ngeren Zeitraum dabei helfen, die für MDS-Patient:innen belastenden Bluttransfusionen zu vermeiden. Darauf weist eine klinische Studie an 118 Standorten in 17 L?ndern unter Federführung von Prof. Dr. Uwe Platzbecker von der Universit?tsmedizin Leipzig gemeinsam mit einem gro?en internationalen Forschungsteam hin. Die Ergebnisse wurden im hochrangigen Journal ?The Lancet“ ver?ffentlicht.

Bei Menschen mit Myelodysplastischen Neoplasien (MDS) ist die gesunde Ausreifung der Blutzellen im Knochenmark beeintr?chtigt. Das kann zu Blutarmut, Infektionen und einer verst?rkten Blutungsneigung führen. Patient:innen, die in die Niedrigrisiko-Kategorie der MDS fallen, befinden sich zun?chst in keiner akut lebensbedrohlichen Situation, leiden aber an einer ausgepr?gten Blutarmut. Diese entsteht durch einen Mangel an ausgereiften und funktionstüchtigen roten Blutk?rperchen. Sie ?u?ert sich insbesondere durch eine verringerte Leistungsf?higkeit sowie extreme Abgeschlagenheit und Müdigkeit, welche die Lebensqualit?t der Betroffenen stark einschr?nken. Oft kann diese An?mie nur durch regelm??ige Bluttransfusionen ausreichend therapiert werden. Diese sind für Betroffene meist sehr belastend.

In einer aktuellen internationalen Studie wird mit dem Wirkstoff Imetelstat eine Unabh?ngigkeit von Transfusionen roter Blutk?rperchen bei MDS-Patient:innen von etwa einem Jahr erreicht. ?Imetelstat bietet einen neuartigen Wirkmechanismus bei der Therapie von Patientinnen und Patienten die in die Niedrigrisiko-Kategorie der MDS fallen und nicht auf die Standardbehandlung mit dem Medikament Epoetin alfa reagieren“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Uwe Platzbecker, Direktor der Klinik für H?matologie, Zelltherapie, H?mostaseologie und Infektiologie am Universit?tsklinikum Leipzig und Professor für H?matologie an der Universit?t Leipzig.

Das Studienmedikament Imetelstat ist ein sogenannter Telomerase-Inhibitor. Bei der Zellalterung spielt das Enzym Telomerase eine entscheidende Rolle – es erneuert immer wieder die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, was für gesunde Zellen eine wichtige Funktion darstellt. Krebszellen allerdings teilen sich viel h?ufiger als gesunde und die Telomerase führt dazu, dass die b?sartigen Zellen verlangsamt absterben. Telomerase-Inhibitoren blockieren die Telomerase aktiv und haben somit das Potential, die Vermehrung der kranken Zellen einzuschr?nken und verst?rkt zu eliminieren. Bei MDS ist Imetelstat der erste Wirkstoff in dieser Medikamentenklasse.

40 Prozent der mit Imetelstat behandelten Patient:innen haben auf die neue Therapie angesprochen, verglichen mit 15 Prozent der Personen, die in der klinischen Studie ein Placebo erhielten. In der Imetelstat-Studiengruppe traten mehr Neutropenien, eine Verringerung der wei?en Blutk?rperchen, und Thrombozytopenien, eine Verringerung der Blutpl?ttchen, als in der Placebo-Gruppe auf. Aber diese Nebenwirkungen waren beherrschbar und reversibel. 

?Neben den bereits etablierten Therapien wird nach der Zulassung von Imetelstat eine weitere Option zur Verfügung stehen, um An?mie, die eines der vorherrschenden Krankheitszeichen der MDS darstellt, zu behandeln und damit Bluttransfusionen, die für die Patient:innen sehr belastend sind, zu vermeiden oder hinauszuz?gern“, sagt Prof. Platzbecker, der sich seit über 20 Jahren mit klinischer Forschung zu Myelodysplastischen Neoplasien besch?ftigt.

Die Zulassung zur Behandlung mit dem Wirkstoff Imetelstat im Rahmen der MDS-Erkrankung wurde bei der amerikanischen Zulassungsbeh?rde FDA als auch der europ?ischen Beh?rde EMA beantragt und Imetelstat wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 zur Behandlung zur Verfügung stehen. Die IMerge-Studie ist eine randomisierte Phase-3-Studie, die letzte Phase im Entwicklungsprozess eines Medikaments bei der die Studienteilnehmenden zuf?llig Kontroll- oder Versuchsgruppe zugeordnet werden. Sie wurde an insgesamt 118 Standorten, darunter Universit?tskliniken, Krebszentren und Ambulanzen, in 17 L?ndern durchgeführt und von der Pharmafirma Geron gesponsert.

Originalpublikation in The Lancet: “Imetelstat in patients with lower-risk myelodysplastic syndromes who have relapsed or are refractory to erythropoiesis-stimulating agents (IMerge): a multinational, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial”. DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)01724-5