Pressemitteilung 2023/219 vom

Eine neue Studie zeigt eine natürliche L?sung zur Abschw?chung von Auswirkungen des Klimawandels wie extremen Wetterereignissen auf. Forschende der Universit?t Leipzig, der Friedrich-Schiller-Universit?t Jena, des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversit?tsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) und anderer Forschungseinrichtungen fanden heraus, dass eine vielf?ltige Pflanzenwelt als Puffer gegen Schwankungen der Bodentemperatur wirkt. Dieser Puffer wiederum kann einen entscheidenden Einfluss auf wichtige ?kosystemprozesse haben. Ihre neuen Erkenntnisse haben die Wissenschaftler:innen im Fachjournal ?Nature Geoscience“ ver?ffentlicht.

?Die Bodentemperatur spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung wichtiger ?kosystemprozesse in Bezug auf Wasser-, Kohlenstoff- und N?hrstoffdynamik, mikrobielle Aktivit?t und landwirtschaftliche Produktivit?t“, erkl?rt die Erstautorin der Studie, Dr. Yuanyuan Huang. Trotz ihrer Bedeutung wurde bisher in keiner Studie untersucht, ob gerade die Pflanzenvielfalt als Puffer gegen Schwankungen der Bodentemperatur w?hrend der langfristigen Entwicklung einer Gemeinschaft wirkt.

Huang und ihre Kolleg:innen pr?sentieren in ihrer Studie Ergebnisse eines umfassenden Datensatzes, der von 2004 bis 2021 in einem gro? angelegten Grasand-Biodiversit?tsexperiment - dem Jena-Experiment - gesammelt wurde. Das Versuchsgel?nde umfasst 80 Parzellen mit einer unterschiedlichen Pflanzenvielfalt von einer bis zu 60 Arten. Au?erdem lieferten vier Parzellen mit unbepflanztem Boden und zwei Parzellen mit unkontrolliertem Bewuchs wichtige Bezugspunkte. Die Bodentemperatur wurde automatisch in fünf Zentimetern und 15 Zentimetern Tiefe mit einer Aufl?sung von einer Minute über einen Zeitraum von 18 Jahren aufgezeichnet, was eine erhebliche Klimavariabilit?t abdeckt.

Die wissenschaftliche Koordinatorin des Versuchsexperiments, Dr. Anne Ebeling, sagt: "Wir haben gerade das 20-j?hrige Bestehen des Jena-Experiments gefeiert. In diesen zwei Jahrzehnten haben wir eine Reihe von extremen Wetterereignissen erlebt, darunter langanhaltende Dürren, ein gro?es Hochwasser im Jahr 2013 und au?ergew?hnlich kalte Frühlinge". Zus?tzlich meint Gideon Stein, der zweite Author der Studie und verantwortlich für die Datenaufbereitung: "Es ist wirklich interessant zu sehen wie viele historische Ereignisse in den Temperaturdaten des Jena Experimentes wiederzufinden sind."

?Diese beispiellose Analyse langfristiger, hochaufl?sender Daten liefert überzeugende Beweise dafür, dass die Pflanzenvielfalt als natürlicher Puffer fungiert und angesichts klimatischer Extreme für Stabilit?t sorgt“, betont Huang. W?hrend des gesamten 18-j?hrigen Zeitraums habe die Pflanzenvielfalt ihre bemerkenswerte F?higkeit gezeigt, den Boden bei sengender Hitze vor ?berhitzung zu schützen und in k?lteren Perioden dabei zu helfen, W?rme zu speichern.

Stabilit?t das ganze Jahr über

Im Sommer, an Tagen mit besonders hoher Lufttemperatur, lag die Bodentemperatur in Pflanzengemeinschaften mit 60 Arten um 5,04 Grad Celsius niedriger als in unbepflanzten Parzellen. Zum Vergleich: Dieser Unterschied ist mehr als doppelt so hoch wie der Unterschied zwischen Monokulturen und unbepflanztem Boden zum gleichen Zeitpunkt. An Tagen mit besonders niedriger Lufttemperatur war jedoch die Bodentemperatur in der 60-Arten-Pflanzengemeinschaft um 1,48 Grad Celsius w?rmer als im unbepflanzten Parzellen, was in diesem Fall fast fünfmal so hoch ist wie der Unterschied zwischen Monokulturen und dem unbepflanzten Boden.

Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass Pflanzenvielfalt die Bodentemperatur das ganze Jahr über stabilisieren kann. Die Auswirkungen verst?rkten sich mit zunehmendem Alter der Versuchsgemeinschaften und sind gerade unter den h?rtesten klimatischen Bedingungen wie sengend hei?en Tagen und trockenen Jahren noch pr?gnanter.

In einem zweiten Schritt untersuchten Huang und ihre Kolleg:innen die Ursachen für die stabilisierende Wirkung der Pflanzenvielfalt. Die Pflanzenvielfalt erh?hte nicht nur die Gesamtheit an Blattfl?chen der Pflanzen, was zu einer st?rkeren Beschattung führte, sondern auch den Gehalt an organischem Kohlenstoff im Boden. Die stabilisierende Wirkung der Pflanzenvielfalt zeigte sich durch eine Reduktion der W?rmeleitung in den oberen 60 Zentimetern des Bodens. Infolgedessen blieb die Bodentemperatur in Gemeinschaften mit einer h?heren Pflanzendiversit?t das ganze Jahr über und durch den kompletten Oberboden hinweg stabiler.

Auch Abbau von Kohlenstoff im Boden

Diese Ergebnisse haben weitreichende Auswirkungen. In Graslandschaften der gem??igten Zonen und darüber hinaus k?nnte die durch die Pflanzenvielfalt bewirkte Stabilisierung der Bodentemperatur entscheidend sein, um negative Auswirkungen extremer klimatischer Ereignisse abzuschw?chen. Dazu geh?rt auch der Abbau von Kohlenstoff im Boden und dessen Freisetzung in die Atmosph?re. Hierdurch hat dieser natürliche Mechanismus nach Ansicht der Forschenden zus?tzlich das Potenzial, den Prozess der globalen Erw?rmung zu verlangsamen.

"Unsere Forschung zeigt die bemerkenswerte F?higkeit der Pflanzenvielfalt, als Schutzschild gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu wirken. Sie erinnert uns eindringlich daran, wie wichtig es ist, die biologische Vielfalt in unseren ?kosystemen zu erhalten und zu f?rdern, um die Umwelt zu schützen und eine nachhaltige Zukunft zu sichern", sagt Prof. Dr. Nico Eisenhauer, der Leiter der Studie und Sprecher des Jena-Experiments. Die Studie erweitere nicht nur unser Verst?ndnis der lebenswichtigen Rolle der biologischen Vielfalt, sondern biete auch einen Hoffnungsschimmer im laufenden Kampf gegen den Klimawandel.

Ver?ffentlichung in ?Nature Geoscience“:
?Enhanced stability of grassland soil temperature by plant diversity“, doi: 10.1038/s41561-023-01338-5