Pressemitteilung 2022/240 vom

Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakult?t der Universit?t Leipzig hat einen neuen Mechanismus entdeckt, der mit starkem ?bergewicht bei Kindern in Verbindung gebracht wird. Eine genetische Ver?nderung führt zu einer ungew?hnlichen Expression eines Gens, das mit der Kontrolle des Hungergefühls zusammenh?ngt. Bisher wird diese Ver?nderung mit der allgemeinen Gendiagnostik bei Adipositas nicht erkannt. Die wichtigen Erkenntnisse wurden im renommierten Fachjournal Nature Metabolism ver?ffentlicht.

Adipositas und daraus folgende Erkrankungen geh?ren zu den h?ufigsten Todesursachen weltweit. Die Gründe für Adipositas sind noch nicht vollst?ndig entschlüsselt. Es ist aber bekannt, dass mehrere Faktoren für das Entstehen und das Fortschreiten der Erkrankung verantwortlich sind und auch genetische Faktoren eine Rolle spielen. Bei den meisten Betroffenen führt das Zusammenspiel ungesunder Lebensbedingungen und erblicher Veranlagungen, sogenannte polygenetische Defekte, das hei?t, dass mehrere Gene betroffen sind, zu starkem ?bergewicht. 

Forscher:innen der Universit?tsmedizin Leipzig und des Helmholtz-Institutes für Metabolismus-, Adipositas- und Gef??forschung (HI-MAG) des Helmholtz Munich wollen auch die seltenen F?lle monogener Adipositas identifizieren. Bei diesen Patient:innen sind Defekte in einem einzelnen Gen urs?chlich für die Krankheit. Die Betroffenen zeigen oft schon in der frühen Kindheit ein gest?rtes S?ttigungsgefühl und leiden an unstillbarem Hunger.

Bei der Untersuchung von Gewebeproben eines M?dchens mit starkem ?bergewicht stellten die Leipziger Wissenschaftler:innen fest, dass ein bestimmtes Gen, das Agouti-Signalprotein-Gen (kurz: ASIP), in hohem Ma?e in Zellen produziert wird, in denen es normalerweise nicht vorkommt. Sie fanden es zum Beispiel in Fettzellen, wei?en Blutk?rperchen und neuronalen Zellen. 

Projektleiterin Antje K?rner, Professorin für P?diatrische Forschung und Kinder?rztin sagt: ?Diese Entdeckung ist eine Art fehlendes Puzzlestück bei der Forschung zu monogener menschlicher Adipositas. Es ist auch ein Beweis für die Bedeutung der zentralen molekularen Regelungsmechanismen der Energiebilanz und des K?rpergewichtes über sogenannte Melanocortin 4 Rezeptor-Neurone beim Menschen und bietet uns die einzigartige M?glichkeit, diese Mechanismen zu untersuchen."

Die Art der Mutation, die in der aktuellen Studie gefunden wurde, entgeht den bisher üblichen genetischen Screening-Algorithmen, sodass viele betroffene Patient:innen unentdeckt bleiben. Durch gezieltes Screening konnte das Team um Prof. K?rner bereits vier weitere Patienten mit der identischen Mutation aus der Leipziger Adipositas-Kohorte identifizieren. 

?Ich glaube, dass wir mit dieser Entdeckung unsere Strategien zur Identifizierung von Patient:innen mit monogener Adipositas neu überdenken müssen. Das ultimative Ziel unserer Forschung ist es, die Erkenntnisse aus genetischen Studien in künftige personalisierte Behandlungsm?glichkeiten für Adipositas zu übertragen", sagt Prof. Matthias Blüher, Direktor des HI-MAG und Sprecher des Sonderforschungsbereich 1052 ?Mechanismen der Adipositas“ an der Medizinischen Fakult?t. 

Originalpublikation in Nature Metabolism: Aberrant expression of agouti signaling protein (ASIP) as a cause of monogenic severe childhood obesity. DOI: 10.1038/s42255-022-00703-9