Pressemitteilung 2024/011 vom

S?chsische Studienanf?nger:innen mit einem Abitur aus dem Freistaat haben in einer Lernstandserhebung Mathematik bessere Ergebnisse erreicht als ihre Kommiliton:innen mit Schulabschluss aus anderen Bundesl?ndern. Sie bewiesen ein insgesamt gutes intuitives Verst?ndnis von Funktionsgraphen und ihrer formelm??igen Beschreibung. Es gab in der Erhebung allerdings auch eine Reihe von ?besorgniserregenden Befunden“, wie Prof. Dr. Max von Renesse vom Mathematischen Institut der Universit?t Leipzig sagt. Zusammen mit seiner Kollegin Prof. Dr. Silvia Sch?neburg-Lehnert ist er Sprecher des Arbeitskreises Schulmathematik der s?chsischen Hochschulen, der im vergangenen Oktober die neue landesweite Lernstandserhebung vorgenommen hat und deren Ergebnisse jetzt ver?ffentlicht wurden.

Der Mathematikprofessor spricht von ?teilweise gravierenden Defiziten“ unter Studienanf?nger:innen vor allem im Bereich der elementaren Rechenkompetenz, etwa im korrekten Umgang mit Potenzen und Brüchen sowie bei einfachen algebraischen Termumformungen. ?Bemerkenswert ist in diesem Segment das deutlich bessere Abschneiden der Teilnehmenden mit Schulabschluss aus dem Ausland“, sagt Prof. von Renesse. ?Starke Defizite zeigen sich bei allen zudem im Verst?ndnis der elementaren Geometrie und der Kombinatorik“, erg?nzt Prof. Sch?neburg-Lehnert von der Universit?t Leipzig. 

An der Studie nahmen rund 2.100 Studierende des ersten Semesters der Studieng?nge Wirtschaft, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie (WiMINT) aus acht s?chsischen Hochschulen teil. Dabei wurden die Kenntnisse in den schulmathematischen Kernkompetenzen entlang der geltenden Lehrpl?ne der Mittel- und Oberstufe mit Testaufgaben schriftlich untersucht. Die Aufgaben wurden von einer Kommission aus Lehrkr?ften, Fachdidaktiker:innen und Hochschullehrenden so gestaltet, dass eine Bearbeitung für Abiturient:innen hilfsmittelfrei ohne gr??ere Schwierigkeiten m?glich sein sollte.

Bei den festgestellten Problemfeldern handelte es sich schwerpunktm??ig um Inhalte aus der Sekundarstufe I sowie aus dem ?bergangsbereich zwischen Primar- und Sekundarschule, wie die Auswertung zeigte. In der sp?teren kritischen Phase des ?bergangs von der Schule zur Hochschule h?tten gerade diese Vers?umnisse und mangelnde Grundfertigkeiten die wesentliche Hürde für den Erfolg in einem WiMINT-Studium dargestellt. ?Ein erfolgreicher Start ins Studium kann kaum gelingen, wenn die dafür erforderlichen Basisf?higkeiten nicht bereits in den Jahren zuvor erworben und kontinuierlich geübt wurden“, betont von Renesse.

In Deutschland werden Fachkr?fte und Spezialist:innen in den Bereichen Wirtschaft, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie dringend für den Erhalt unserer Innovations- und Wirtschaftskraft gebraucht. Das Institut der Deutschen Wirtschaft sch?tzte zum Ende des Jahres 2022 die Lücke auf 326.100 Fachkr?fte in diesen Bereichen. Dem immensen Bedarf an qualifiziertem Personal stünden auf Seiten der Hochschulausbildung trotz abgesenkter Standards abnehmende Einschreibezahlen und hohe Abbruchquoten in den WiMINT-Studieng?ngen gegenüber, erkl?rt Prof. von Renesse. Meist werde ein Studium in diesen Fachrichtungen wegen individueller ?berforderung in den Mathematikmodulen abgebrochen. Mathematische Kompetenz sei jedoch in WiMINT-Berufen unverzichtbar und ihre Vermittlung wichtiger Bestandteil der Qualifikation.

Vor diesem Hintergrund hat der Arbeitskreis Schulmathematik der s?chsischen Hochschulen – ein seit 2017 bestehendes Bündnis von Hochschullehrenden aus Mathematischen Instituten s?chsischer Universit?ten und Hochschulen - diese umfassende Bestandsaufnahme der Mathematikkenntnisse unter den Studienanf?nger:innen im Freistaat vorgenommen. Ziel des Bündnisses ist die Verbesserung des Studienerfolgs besonders in der ?bergangsphase von Schule zu Hochschule. Wie 2023 wurden bereits 2017 und 2022 entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Die damaligen Befragungen lieferten ein ?hnliches Bild. 

?Die Lernstandserhebung 2023 zeigt, dass die insgesamt erfreulichen Abiturergebnisse Sachsens in Mathematik nur begrenzt als Indikator für die Studierf?higkeit unserer Schulabg?ngerInnen in WiMINT-F?chern dienen k?nnen“, betont Prof. Sch?neburg-Lehnert. Eigenst?ndiges Denken und selbstverantwortliches Lernen in den auf strukturelle und quantifizierbare Erkenntnisse ausgerichteten Wissensbereichen k?nnten nur gelingen, wenn Schulkinder besonders in der Mittelstufe die dafür erforderlichen elementaren Fertigkeiten und Konzepte gemeinsam mit ihren Begründungen erlernen und üben. Nur dann k?nnten sp?ter die notwendigen weitergehenden mathematischen Methoden erfolgreich vermittelt und bis zur Anwendungsf?higkeit verstanden werden. ?Die begleitende Wiederholung der Grundlagen sollte auch in sp?teren Klassenstufen nicht vernachl?ssigt werden. Das ist wie mit einer Fremdsprache. Um die zu beherrschen, muss man auch Vokabeln trainieren,” erl?utert von Renesse. Darüber hinaus g?be es zahlreiche au?erschulische Ursachen für die festgestellten mathematischen Defizite, auf die Schulen und Hochschulen sowie Unternehmen Antworten finden müssten.

Am 23. Januar 2024 findet in Dresden die zweite “Fachtagung ?bergang Schule-Hochschule” statt, zu der der Arbeitskreis Schulmathematik gemeinsam mit der s?chsischen Landesfachberaterin Mathematik und mit Unterstützung des S?chsischen Staatsministeriums für Kultus einl?dt. Im Mittelpunkt der Konferenz in diesem Jahr stehen Strategien und Ma?nahmen zur Qualit?tssicherung für den Mathematikunterricht an den s?chsischen Gymnasien und Oberschulen sowie m?gliche Reaktionen auf Seiten der Hochschulen zu den festgestellten Defiziten bei den Studienanf?nger:innen.