Pressemitteilung 2022/101 vom

Ungew?hnlich gut erhaltene Riffkorallen aus der Geologisch-Pal?ontologischen Sammlung der Universit?t Leipzig bergen ein gro?es Geheimnis: Sie lassen uns weit in die Vergangenheit reisen und die klimatischen Verh?ltnisse in unseren Breiten rekonstruieren. Das ist Forschenden der Universit?ten Leipzig, Bremen und Greifswald und der Hochschule LaSalle in Beauvais nun gelungen: Anhand chemischer Analysen konnten sie saisonale Temperaturschwankungen dieser Zeit modellieren und erstmals zeigen, dass Korallen schon vor 40 Millionen Jahren in einer Symbiose mit Algen lebten. Ihre Ergebnisse, die auch aktuelle Klimaprognosen verbessern k?nnen, sind in der renommierten Fachzeitschrift "Science Advances" erschienen.

Im Mittleren Eoz?n, vor etwa 40 Millionen Jahren, herrschte in unseren Breiten tropisches Klima: Es war warm und feucht, wie beispielsweise Fossilien aus dem Geiseltalsee bei Halle bezeugen. Es war sogar so warm, dass sich Korallenriffe weit nach Norden ausdehnten – bis etwa zum 45. Breitengrad, also ungef?hr auf die H?he des heutigen Südfrankreichs. Einige dieser tropischen Riffkorallen sind als Fossilien Teil der Geologisch-Pal?ontologischen Sammlung der Universit?t Leipzig. Sie stammen aus dem Pariser Becken, einer gro?en Meeresbucht, die in das heutige Frankreich hineinreichte. Unter diesen Fossilien fanden Prof. Dr. Thomas Brachert und sein Team einige ganz besondere Korallen: Sie waren nicht wie viele andere versteinert, sondern konnten sich diesem Prozess entziehen. ?Sie sind damit ein wunderbares Umweltarchiv. Ein Korallenskelett w?chst jedes Jahr ?hnlich wie ein Baum. Das Besondere daran ist aber, dass quasi im Skelett mehrere Hundert bis zu Tausend Jahre Klimageschichte archiviert sind“, sagt Prof. Dr. Thomas Brachert vom Institut für Geophysik und Geologie der Universit?t Leipzig.

Skelett offenbart geringe jahreszeitliche Temperaturschwankungen

Der Geologe und sein Team entnahmen dem Kalkskelett der Korallen Proben und analysierten das Material mithilfe geochemischer Methoden. Aufgrund der chemischen Eigenschaften konnten die Wissenschafter:innen auf die Temperatur des Wassers schlie?en, in dem Korallen gelebt haben. Das Verh?ltnis der Sauerstoffisotope in den Proben zeigte, dass die jahreszeitlichen Temperaturunterschiede sehr klein waren für diese geografische Breite. Sie entsprechen etwa der H?lfte unserer heutigen Gegebenheiten von 15 Grad Celsius Unterschied zwischen den Jahreszeiten. ?Damit best?tigen wir mit unserer Studie, was man zwar erwartet hatte, aber nie so gut messen konnte: n?mlich sehr kleine jahreszeitliche Unterschiede in den globalen Warmzeiten“, so Brachert.

Erstmals entdeckt: Korallen lebten schon damals in einer Symbiose

Die Forscher:innen haben auch die Ern?hrungsweise der Korallen vor 40 Millionen Jahren untersucht. Bei der Analyse der Kohlenstoffisotope konnten sie erstmals zeigen, dass schon damals Korallen in einer Symbiose mit einzelligen ?Algen“ lebten, sogenannten Zooxanthellen. Diese betreiben Fotosynthese und geben den dabei entstehenden Zucker an die Koralle ab. Die Koralle wiederum verdaut den Zucker und gibt wichtige N?hrstoffe an die Alge für die Fotosynthese zurück. Wird das Meerwasser aber zu hei?, geben die Korallen die Algen ab und verhungern. Sie waren also schon damals anf?llig für die Korallenbleiche und wahrscheinlich auch wiederholt davon betroffen.

Studiendaten k?nnen aktuelle Klimaberechnungen verbessern

Die Daten des Forschungsteams lassen aber nicht nur Schlüsse über das Klima im Mittleren Eoz?n zu, sie k?nnen auch jetzige Klimamodelle verbessern. ?Unsere neuen Erkenntnisse über extreme Warmzeiten k?nnen wir als Vergleichsbeispiel für die Zukunft nehmen. Unsere heutigen Computermodellierungen gehen von Annahmen aus, die nicht notwendigerweise alle richtig sind. Auf der Grundlage unserer Daten k?nnen wir Absch?tzungen vornehmen, inwieweit diese Modelle dienliche Ergebnisse liefern“, fasst Prof. Dr. Thomas Brachert zusammen.

Originalver?ffentlichung in Science Advances:

"Slow-growing reef corals as climate archives: A case study of the Middle Eocene Climatic Optimum 40 Ma ago", DOI: 10.1126/sciadv.abm3875