Pressemitteilung 2024/128 vom

Kognitive Einschr?nkungen sind ein Problem bei chronischer Nierenerkrankung. Sie k?nnen das Leben stark beeintr?chtigen und führen bei den Betroffenen oft zu einem erh?hten Risiko für Demenz. Studien zeigen, dass eine Nierentransplantation die kognitiven Defizite rückg?ngig machen kann – diese St?rung also therapierbar ist. Welche Mechanismen genau zu den kognitiven Beeintr?chtigungen führen, ist jedoch weitgehend unklar. Eine neue Studie der Universit?tsmedizin Leipzig liefert wichtige Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung, die für therapeutische Ans?tze der chronischen Nierenerkrankung dienen k?nnten. Die Ergebnisse sind im Fachjournal "Kidney International" publiziert worden.

Mikroglia sind spezialisierte Immunzellen des Gehirns, die eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung neuronaler Funktionen spielen. Die Aktivierung dieser Zellen ist oft mit entzündlichen Prozessen verbunden, die wiederum das Gehirn und die kognitiven Funktionen beeinflussen. ?In der vorliegenden Studie konnten wir zeigen, dass die chronische Nierenerkrankung (CKD) zu einer Aktivierung der Mikrogliazellen führt, was eine Reihe von negativen Effekten auf das Gehirn hat und insbesondere die Feinregulierung der Kaliumverteilung in den Nervenzellen st?rt“, erkl?rt Dr. Dr. Silke Zimmermann, Erstautorin der Studie und Wissenschaftlerin der Universit?tsmedizin Leipzig. 

Um die Mechanismen der chronischen Nierenerkrankung im Gehirn zu untersuchen, etablierten die Leipziger Wissenschaftler:innen für diese Arbeit ein chirurgisches Mausmodell, bei dem fünf Sechstel des Nierengewebes entfernt wurde. Die Studiendaten zeigten, dass diese M?use schlechter in kognitiven Tests abschnitten und eine reduzierte neuronale Kaliumumsetzung aufwiesen. Die Analyse der Genexpression verdeutlichte, dass in den neuronalen Zellclustern der Mausmodelle mit chronischer Nierenerkrankung mehrere Signalwege betroffen waren, die mit Krankheiten wie Alzheimer, Huntington und Parkinson verknüpft sind. 

Rezeptor an Nervenzellen mit Hemmstoff blockiert

Die Studienanalysen der experimentellen Ans?tze sowohl an Zellkulturen als auch an Mausmodellen belegten, dass die chronische Nierenerkrankung die Barrierefunktion der Endothelzellen des Gehirns beeintr?chtigt. Damit zeigten die Leipziger Wissenschaftler:innen, dass die fortschreitende Urinvergiftung bei Nierenversagen die Gef??durchl?ssigkeit im Gehirn ver?ndert. Diese St?rung der Blut-Hirn-Schranke erm?glicht es toxischen Substanzen, das Gehirn zu erreichen und dort Entzündungsreaktionen auszul?sen. Dieser Prozess beeintr?chtigt wiederum das Gleichgewicht von Kalium in den Mikrogliazellen. 

Die Wiederherstellung der sogenannten Kalium-Hom?ostase in den Zellen gelang den Forschenden, indem sie einen Rezeptor an den Nervenzellen mit einem Hemmstoff blockierten – dadurch verbesserten sich auch die kognitiven Beeintr?chtigungen. ?Damit ist es uns gelungen, einen Mechanismus im Gehirn nachzuweisen, der eine zentrale Funktion für die Entstehung der gest?rten Kognition hat. Wir denken, dass es ausreichend ist, diesen Mechanismus zu behandeln, um die Kognition bei betroffenen Patienten zu verbessern“, sagt Prof. Dr. Berend Isermann, ebenfalls Korrespondenzautor der aktuellen Studie. 

?Unsere Forschung zeigt, dass die Regulation des Kaliumausstroms in Mikrogliazellen und die Erhaltung der neuronalen Funktion vielversprechende Ans?tze zur Behandlung der kognitiven Beeintr?chtigungen darstellen k?nnten. Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse dazu beitragen, diese Mechanismen weiter zu entschlüsseln und gezielte Therapien für die kognitive Beeintr?chtigung bei chronische Nierenerkrankung zu entwickeln. Eine andere Vision von uns ist es, neuartige Biomarker zu erforschen, die frühzeitig eine Entwicklung einer Kognitionsverschlechterung anzeigen k?nnen“, sagt Dr. Dr. Zimmermann, Clinician Scientist am Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik. Gemeinsam mit Institutsdirektor Prof. Dr. Berend Isermann leitete sie das Grundlagenforschungsprojekt.

Originalpublikation in "Kidney International":
Chronic kidney disease leads to microglial potassium efflux and inflammasome activation in the brain. http://dx.doi.org/10.1016/j.kint.2024.06.028