Pressemitteilung 2024/065 vom

Es gibt besonders mutige Kinder, andere sind sehr mitfühlend. Wieder andere rei?en mit ihrem Temperament alle mit. Tina Malti nennt diese verschiedenen Potenziale des Menschen Psychodiversit?t – in Anlehnung an die Biodiversit?t in der Natur. ?Das ist wie in einem Garten mit verschiedenen Pflanzen: Jedes Kind braucht besondere Fürsorge, um seine besonderen Eigenschaften voll zu entfalten“, sagt die Entwicklungs- und klinische Psychologin, die Anfang 2023 als Alexander von Humboldt-Professorin an die Universit?t Leipzig gekommen ist. Vor wenigen Tagen nun hat das Humboldt Wissenschaftszentrum für Kindesentwicklung (HumanKind) der Universit?t Leipzig seine Arbeit aufgenommen. Professorin Malti hat sich als Direktorin des neuen Zentrums vor allem vorgenommen, die positive kindliche Entwicklung zu f?rdern.

HumanKind, das aus dem Leipziger Forschungszentrum für frühkindliche Entwicklung hervorgegangen ist, geht neue Wege. Tina Malti und ihr Team aus Forscher:innen, Doktorand:innen, Therapeut:innen sowie technischen und administrativen Angestellten m?chte die seelische Gesundheit von Kindern st?rken, damit Probleme gar nicht erst entstehen. Was zun?chst recht einfach klingt, ist in der Praxis mitunter herausfordernd. ?Wir wollen mit Kitas und Schulen zusammenarbeiten und beispielsweise Pr?ventivkonzepte entwickeln, um Aggression und Gewalt vorzubeugen oder zu reduzieren.“ Malti wei? aus Erfahrung, dass sich Kinder, die zu Aggression neigen, schlechter in andere Kinder hineinversetzen k?nnen. ?Kinder mit viel Empathie k?nnen diesen Kindern helfen. Wir suchen uns für diese Rollenmodelle auch Kinder mit positivem Potenzial aus“, erl?utert die Entwicklungspsychologin. Traumatisierte Kinder m?chten wir emotional st?rken“, berichtet Prof. Malti. Wichtig sei, dass Kinder mit traumatischen Erfahrungen Mitgefühl mit sich selbst und ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln.

Das Potenzial jedes Kindes müsse genutzt werden, um seine seelische Gesundheit und Mitmenschlichkeit zu unterstützen, beschreibt Malti ihre Vision. Das Humboldt Forschungszentrum auf dem Campus Jahnallee solle zu einem weltweit sichtbaren Leuchtturm für die Grundlagen- und angewandte Forschung auf dem Gebiet werden. Im Fokus stehen dabei vor allem Kinder von der Geburt bis zum Jugendalter, sowie Auswirkungen der frühen Entwicklung auf die gesamte Lebensspanne.

?Die Kindesentwicklung ist das Faszinierendste, Magischste und Komplexeste, was es gibt“, bringt die Professorin die Aufgaben, vor denen das neue Humboldt Wissenschaftszentrum steht, auf den Punkt. Malti will ihr Zentrum in die Gesellschaft ?ffnen und setzt dabei auf die interdisziplin?re Zusammenarbeit innerhalb der Universit?t, aber auch mit Studierenden, Lehrkr?ften und Eltern. Menschen aus dem Umfeld der Kinder sollen bei Bedarf Aus- und Weiterbildungsangebote unterbreitet werden. Mit ?bungen beispielsweise aus der Meditation oder der psychotherapeutischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen k?nnten sie Kindern mit einem erh?hten Aggressionspotenzial beim Herunterregulieren helfen.

Malti m?chte die ?Herzensbildung der Kinder“ durch ihre soziale und emotionale Entwicklung st?rken, damit sie die vielseitigen Anforderungen der Gesellschaft meistern k?nnen. Erfahrungen mit dieser Strategie hat Malti bereits durch ihre Forschungsarbeit an der University of Toronto in Kanada gesammelt, wo sie zuvor t?tig war. Hier hat sie unter anderem die positive Entwicklung von Kindern und Familien mit Kriegs- oder anderen traumatischen Erfahrungen unterstützt. ?Eine gezielte F?rderung in der Kindheit ist die beste Strategie, um Kosten zu sparen“, sagt Prof. Malti und verweist darauf, dass Therapien und Behandlungen eines gewaltbereiten Menschen oder eines Menschen, der massiver Gewalt und Missbrauch ausgesetzt war, w?hrend seines Lebens den Staat mindestens drei Millionen Euro kosten k?nnen. Deshalb sei die Arbeit von HumanKind so wichtig, weil sie und ihr Team bei den St?rken jedes Kindes und auch bei Kindern ansetzten, ?die noch keine Gewalttat begangen haben oder vermehrter Gewalt ausgesetzt waren, aber gef?hrdet sind, diese Schwellen zu übertreten“.  

Im Oktober dieses Jahres sollen die Studien am Humboldt Wissenschaftszentrum für Kindesentwicklung beginnen. Bis dahin gibt es für Prof. Malti und ihre derzeit 20 Mitarbeitenden noch eine Menge zu tun: Für die Studien müssen Kinder und Familien gefunden und Kooperationen angesto?en werden. Zudem m?chte Malti ihr Team perspektivisch auf zun?chst 50 Mitarbeitende im ersten Jahr aufstocken. 

?Die Er?ffnung des HumanKind-Zentrums markiert einen bedeutenden Schritt für unsere Fakult?t und die gesamte Universit?t Leipzig. Das Engagement unserer Humboldt-Professorin Frau Tina Malti und ihres Teams für die Erforschung der Psychodiversit?t und die F?rderung der seelischen Gesundheit von Kindern ist von unsch?tzbarem Wert“, sagt Prof. Dr. Brigitte Latzko, Dekanin der Erziehungswissenschaftliche Fakult?t. ?Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft, und es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir ihre seelische Gesundheit und Mitmenschlichkeit unterstützen, um eine positive Entwicklung zu gew?hrleisten. HumanKind wird eine wichtige Rolle dabei spielen, innovative Ans?tze zur Pr?vention von Problemen wie Aggression und Gewalt zu entwickeln und umzusetzen. Die interdisziplin?re Zusammenarbeit im Zentrum wird zudem dazu beitragen, die Grundlagen- und angewandte Forschung auf dem Gebiet der Kindesentwicklung voranzutreiben und neue L?sungen für dr?ngende gesellschaftliche Herausforderungen zu finden.“