Pressemitteilung 2021/023 vom

Fu?ballspielen kann die Inklusion von Jugendlichen f?rdern, die nicht aus der vorherrschenden Kultur eines Landes kommen, also von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Entscheidend für das Gefühl, dazuzugeh?ren und angenommen zu werden, ist dabei die Art des Trainings, genauer gesagt das vom Trainer vermittelte Motivationsklima. So eignet sich ein aufgabenorientiertes Training ma?geblich besser als ein leistungs- und wettbewerbsorientiertes Training. Dies geht aus der aktuellen Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams hervor, dem auch Anne-Marie Elbe angeh?rt, Professorin für Sportpsychologie an der Universit?t Leipzig. Gesellschaftlich bedeutsam ist diese Erkenntnis, da insbesondere Erfahrungen im Jugendalter pr?genden Einfluss auf die Einstellungen und Haltungen eines Menschen haben.

Fu?ball gilt als Mustersport der Inklusion. ?Erstaunlicherweise mangelt es nach unserem Kenntnisstand jedoch an Theorie und Forschung in Bezug auf das Inklusionsgefühl Jugendlicher im Teamsport“, schreiben die Autorinnen und Autoren in ihrer Studie. Diese Lücke zu füllen sei wichtig, denn Teamsport habe nicht zwangsl?ufig Inklusionscharakter. 

Für ihre Untersuchung befragte das d?nisch-niederl?ndisch-deutsche Wissenschaftlerteam 245 Jungen im Alter von 10 bis 16 Jahren zu ihren Erfahrungen. ?Wir haben uns auf diese Altersgruppen konzentriert, weil insbesondere in diesem Zeitfenster positive interkulturelle Kontakterfahrungen zu positiveren Gruppeneinstellungen im Erwachsenenalter führen“, so die Autoren. Die Probanden geh?ren zu zwei niederl?ndischen Fu?ballclubs, bei denen sehr diverse Teams trainieren. Die Mehrheit der Studienteilnehmer, das sind 61,6 Prozent, hat einen Migrationshintergrund. Das hei?t, der Spieler selbst oder wenigstens ein Elternteil wurde au?erhalb der Niederlande geboren. 

Inklusion besteht für das Forscherteam dabei aus zwei Komponenten, erl?utert Anne-Marie Elbe von der Universit?t Leipzig: ?Wie stark fühle ich mich einer Mannschaft zugeh?rig? Und wie stark habe ich das Gefühl, dass ich so sein kann, wie ich bin – also authentisch mit beispielsweise meiner anderen kulturellen Herkunft?“ Dieses Inklusionsverst?ndnis stützt sich auf bereits anerkannte Forschungsarbeiten anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. 

?Unsere Annahme in der Studie war, dass das Gefühl von Inklusion damit zusammenh?ngt, was für ein motivationales Klima in dieser Mannschaft existiert, das hei?t, vom Trainer erzeugt wird“, so Elbe weiter. Unterschieden wird dabei zwischen einem leistungsorientierten Motivationsklima auf der einen Seite, wo es gilt, besser zu sein als andere Spieler im eigenen Team, sowie einem aufgabenorientierten Motivationsklima auf der anderen Seite. Bei der Aufgabenorientierung gilt der Blickpunkt dem einzelnen Spieler und der Verbesserung seiner eigenen F?higkeiten. Es geht um die Motivation eines jeden, hinzuzulernen: Gelingt es ihm, eine Aufgabe gut zu machen beziehungsweise kann er vermeiden, sie schlechter als zuvor zu machen?

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Anne-Marie Elbe konnten nun zeigen, dass ein aufgabenorientiertes Trainingsklima positiv mit dem Inklusionsempfinden der jugendlichen Spieler zusammenh?ngt, ein wettbewerbsorientiertes Klima hingegen negativ. Wenn beide Trainingsarten nebeneinander angewendet wurden, konnten Spieler ohne Migrationshintergrund noch gut damit umgehen, ohne dass ihr Zugeh?rigkeitsgefühl zu sehr litt. Bei Spielern mit Migrationshintergrund jedoch war zu beobachten, dass ihr Inklusionsgefühl nur dort stabil war, wo ein hohes Ma? an Aufgabenorientierung vorherrschte und der Wettbewerbsansatz innerhalb der eigenen Mannschaft nicht oder nur wenig verfolgt wurde. 

?Man kann also nicht per se sagen, dass es positive Auswirkungen hat, Mitglied einer Fu?ballmannschaft zu sein. Um positive Auswirkungen mit dem Fu?balltraining zu erzielen, muss sich der Trainer in einer bestimmten Art und Weise verhalten und ein spezifisches Klima w?hrend der Trainingseinheit herstellen. Darin steckt sehr gro?es Potential, und dies ist von enormer gesellschaftlicher Bedeutung“, sagt Anne-Marie Elbe. ?Mit unserer Studie haben wir dazu beigetragen, die quantitative Forschung zu Inklusion und Sport etwas zu erweitern.“ 

Anne-Marie Elbe war bis 2017 an der Universit?t Kopenhagen t?tig, wo sie die Studie – das Promotionsvorhaben von Silke Dankers – mitbetreute. Das Vorhaben wurde im Rahmen des Zentrums ?Team Sports and Health“ der Universit?t Kopenhagen durchgeführt und durch den Nordea-Fonds gef?rdert. Die Ergebnisse ver?ffentlichten die Forscherinnen und Forscher nun in der renommierten Fachzeitschrift ?Psychology of Sport and Exercise“.

Originaltitel der Fachver?ffentlichung in ?Psychology of Sport and Exercise":
"Perceived inclusion in youth soccer teams: The role of societal status and perceived motivational goal climate",
in: Psychology of Sport and Exercise, Volume 53, 2021
doi: 10.1016/j.psychsport.2020.101882 , ISSN: 1469-0292