Pressemitteilung 2024/144 vom

Das leichteste aller Elemente, der Wasserstoff, ist wegen seiner vielversprechenden Rolle als nachhaltiger Rohstoff bei der Energiewende sehr gefragt. Einem Team der Universit?t Leipzig und der Technischen Universit?t Dresden ist im Rahmen der Forschungsarbeiten des Graduiertenkollegs 1,2,3H ein entscheidender Fortschritt bei der effektiven und zugleich kostengünstigen Bereitstellung von Isotopen gelungen. Darunter versteht man die drei Formen, in denen Wasserstoff in der Natur auftritt – als Protium, Deuterium oder Tritium. Ihrem Traum, Wasserstoffisotope auch bei Raumtemperatur kostengünstig zu trennen, ist das internationale Forschungsteam damit einen gro?en Schritt n?hergekommen. Gerade wurden ihre neuen Erkenntnisse in dem renommierten Fachjournal ?Chemical Science“ ver?ffentlicht.

Protium ist die Form, die wir umgangssprachlich ?Wasserstoff“ nennen. Deuterium, sogenannter ?schwerer“ Wasserstoff, spielt etwa bei der Entwicklung stabilerer und wirksamerer Arzneistoffe eine immer bedeutendere Rolle. Ein Gemisch aus Deuterium und Tritium, dem ?superschweren“ Wasserstoff, dient als Brennstoff bei der nachhaltigen Energieerzeugung der Zukunft, der sogenannten Kernfusion. Eines der ungel?sten Probleme der Wasserstoffforschung bleibt weiterhin die effektive, aber auch kostengünstige Bereitstellung dieser Isotope in hochreiner Form, da diese sehr ?hnliche physikalische Eigenschaften haben. Die aktuell angewendeten Isotopen-Trennungsverfahren sind wenig effizient und verbrauchen sehr viel Energie. 

?Seit knapp 15 Jahren war bekannt, dass por?se, metallorganische Gerüstverbindungen prinzipiell zur Reinigung und Trennung der Wasserstoffisotope genutzt werden k?nnen. Dies gelang bisher aber nur bei sehr tiefen Temperaturen, bei etwa minus 200 Grad Celsius – Bedingungen also, die industriell nur sehr kostspielig umgesetzt werden k?nnen“, erkl?rt Prof. Dr. Knut Asmis vom Wilhelm-Ostwald Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universit?t Leipzig und Sprecher des Graduiertenkollegs. Der Trennungsmechanismus basiere dabei auf der stark bevorzugten Adsorption eines der vorhandenen Isotope an einem der freien Metallzentren im por?sen Festk?rper. Als Adsorption bezeichnet man einen Prozess, bei dem Atome, Ionen oder Moleküle aus einem Gas oder einer Flüssigkeit an einer festen, oft por?sen Oberfl?che haften bleiben.

Den Doktorand:innen des Graduiertenkollegs 1,2,3H, Elvira Dongmo, Shabnam Haque und Florian Kreuter, die jeweils Mitglied in einer der Forschungsgruppen von Prof. Dr. Thomas Heine (TU Dresden), Prof. Dr. Knut Asmis und Prof. Dr. Ralf Tonner-Zech (beide Universit?t Leipzig) sind, gelang nun ein tieferer Einblick in den Einfluss der Gerüstumgebung auf die Bindungsselektivit?t. Damit ist die Frage gemeint, wieso eines der Isotope eher haften bleibt als das andere. Dies konnte in der vorliegenden Studie durch ein synergetisches Zusammenspiel zwischen modernster Spektroskopie, quantenchemischen Berechnungen und chemischer Bindungsanalyse an einem Modellsystem im Detail entschlüsselt werden. ?Damit konnten wir erstmals zeigen, welchen Einfluss die einzelnen Atome der Gerüstverbindungen bei der Adsorption haben. Wir k?nnen sie nun gezielt optimieren, um Materialien mit hoher Selektivit?t bei Raumtemperatur zu erreichen“, betont Heine. 

Das Graduiertenkolleg 1,2,3H, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 5,4 Millionen Euro für 4,5 Jahre gef?rdert, bildet seit Oktober 2021 über 20 Doktorand:innen aus. Es vereint die Expertise der Universit?t Leipzig, der TU Dresden, des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf und des Leibniz-Instituts für Oberfl?chenmodifizierung, um durch eine gebündelte F?rderung der Grundlagenforschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Wasserstoffisotope neuartige Materialien, wirksamere Medikamente und sensiblere Nachweismethoden zu entwickeln. Die zweite Kohorte von etwa 15 bis 20 Doktoranden beginnt am 1. Oktober 2024 ihr dreij?hriges strukturiertes Promotionsprogramm.     

Originaltitel der Publikation in "Chemical Science"
"Direct evidence for ligand-enhanced activity of Cu(I) sites", DOI: 10.1039/D4SC04582C