Pressemitteilung 2024/015 vom

Wenn Menschen an Myelodysplastischen Neoplasien (MDS) erkranken, ist die gesunde Ausreifung der Blutzellen beeintr?chtigt. Die schwere Form, die sogenannten Hochrisiko-MDS, sind durch einen raschen Verlauf, schwerwiegende Symptome sowie h?ufig durch einen ?bergang in eine akute Leuk?mie gekennzeichnet. Patient:innen, die für potentiell kurative oder intensive Behandlungen, wie eine Stammzelltransplantation oder hochdosierte Chemotherapie, nicht in Frage kommen, haben sehr wenige alternative Therapie-Optionen. Unter der Federführung von Prof. Dr. Uwe Platzbecker von der Universit?tsmedizin Leipzig wurde in einer internationalen klinischen Studie eine neue Behandlungs-Kombination erprobt. Die Ergebnisse wurden im renommierten Journal ?The Lancet“ publiziert.

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 4000 Menschen mit Myelodysplastischen Neoplasien (MDS) diagnostiziert. Die Erkrankung kann zu Blutarmut, Infektionen und einer verst?rkten Blutungsneigung führen. Betroffene von Hochrisiko-MDS haben im Vergleich mit der gleichaltrigen Bev?lkerung eine deutliche geringe Lebenserwartung. Behandelt wird die Erkrankung im Hochrisiko-Stadium mit Stammzelltransplantation oder Chemotherapie. Patient:innen, für die diese intensiven und k?rperlich stark belastenden Behandlungsformen nicht in Frage kommen, haben nur sehr wenige alternative Therapie-Optionen. Daher besteht ein gro?er Bedarf an neuen Ans?tzen und Kombinationen bei Hochrisiko-MDS. 

In einer aktuellen internationalen Studie an 54 Zentren in 17 L?ndern haben Forschende eine neue Behandlungskombination bei 127 Patient:innen untersucht. Dabei wurden sogenannte hypomethylierende Substanzen (HMA), der derzeitige Behandlungsstandard in der untersuchten Patientengruppe, mit einer Kombination aus HMA und dem Wirkstoff Sabatolimab verglichen. ?Sabatolimab ist ein intraven?s verabreichter neuer immuntherapeutischer Wirkstoff, der auf Dom?nen abzielt, die sich auf myeloischen Immun- und Tumorzellen befinden. Er geh?rt zur Klasse der sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Checkpoint-Inhibitoren greifen gezielt an bestimmten Stellen des Immunsystems ein, um ?berlebensmechanismen des Tumors au?er Kraft zu setzen. Damit soll verhindert werden, dass der Krebs das Immunsystem, das ihn ansonsten angreift, abschalten kann. Bei der Studie handelt es sich um die erste randomisierte Untersuchung einer Immuntherapie in Kombination mit dem Behandlungsstandard in dieser Patientengruppe bei myeloischen Neoplasien“, sagt Prof. Dr. Uwe Platzbecker, Professor für H?matologie an der Universit?t Leipzig und Direktor der Klinik für H?matologie, Zelltherapie, H?mostaseologie und Infektiologie am Universit?tsklinikum Leipzig. Der Experte besch?ftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit klinischer Forschung zu myelodysplastischen Neoplasien.

Der Zusatz des Wirkstoffs Sabatolimab zum Behandlungsstandard führte in der aktuellen Studie nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Ansprechraten oder des progressionsfreien ?berlebens der Patient:innen. Sabatolimab zeigte in den meisten F?llen allerdings ein gut handhabbares Sicherheitsprofil in dieser schwer behandelbaren Patientengruppe, für die nur eingeschr?nkte Therapieoptionen verfügbar sind. Die h?ufigsten Nebenwirkungen waren eine Reduzierung der wei?en Blutk?rperchen (Neutropenie) und der Blutpl?ttchen (Thrombozytopenie) – diese traten jedoch sowohl in der Sabatolimab- als auch der Placebo-Gruppe auf. 

Die Forschenden sehen nach wie vor Potenzial in der Kombination der Standardbehandlung mit dem neuen Wirkstoff Sabatolimab. Es l?uft bereits eine randomisierte Phase-3-Studie, die letzte Phase im Entwicklungsprozess eines Medikaments, in der die Behandlung in einer gr??eren Patientenkohorte untersucht wird. In dieser Folgestudie wird der potenzielle Nutzen von Sabatolimab in Kombination mit Azacitidin, dem g?ngigsten HMA-Wirkstoff, in Bezug auf das Gesamtüberleben untersucht. Die aktuelle klinische Studie wurde von der Pharmafirma Novartis gesponsert.

Originalpublikation in The Lancet: Sabatolimab plus hypomethylating agents in previously untreated patients with higher-risk myelodysplastic syndromes (STIMULUS-MDS1): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 2 trial. https://doi.org/10.1016/S2352-3026(23)00333-2