Die Nervenfasern, die das Gehirn mit den Muskeln verbinden, interessieren die Neuropathologin dabei besonders. ?Neuromuskul?re Erkrankungen k?nnen durch St?rungen verschiedener Zelltypen wie der Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark, der Stützzellen im Nervengewebe, sowie des Muskelgewebes ausgel?st werden. Allen Ursachen gemein ist, dass sie zu L?hmungen der Muskulatur führen. Wie aber lokale Defekte einzelner Zelltypen über das Nervensystem hinweg kommuniziert werden und zu einer fortschreitenden Sch?digung des gesamten Systems führen, ist leider bisher kaum verstanden“, erkl?rt Stassart. In der Erforschung dieser Mechanismen sieht die Neuropathologin einen bedeutenden Weg für die Entwicklung therapeutischer Strategien.
Das R?tsel des r?umlichen Zusammenspiels und die Wechselwirkungen verschiedener Zelltypen im neuromuskul?ren System m?chte die Wissenschaftlerin mit zwei Strategien l?sen: Sie wird mit der Hilfe von Mausmodellen zum einen die genetische Aktivit?t des gesamten neuromuskul?ren Systems kartieren, und diese Aktivit?t zum anderen gezielt manipulieren. Mittels hochmoderner Einzelzelldiagnostik kann gleichzeitig die molekulare Signatur tausender an der Erkrankung beteiligter Zellen analysiert werden. Das zehn Personen starke Forschungsteam um Stassart entwickelte dafür eine Herangehensweise, mit der sich die zellul?re und molekulare Vielfalt des Nervensystems mit bisher unerreichter Aufl?sung untersuchen l?sst. ?Damit Zellen aktiv sein k?nnen, müssen sie ihre Gene ablesen, um Bausteine und Werkzeuge herstellen zu k?nnen. Durch einen Vergleich der abgelesenen Gene in verschiedenen Zelltypen und Bereichen des neuromuskul?ren Systems, erhoffen wir uns Einblicke in m?gliche relevante Erkrankungsmechanismen“, erl?utert sie die wissenschaftliche Methode.
Darauf aufbauend kommen ultrahochaufl?sende elektronenmikroskopische Verfahren sowie genetische Techniken zum Einsatz, mit denen sich im Mausmodell gezielt bestimmte Eigenschaften des Nervensystems lokal begrenzt manipulieren lassen. ?Wenn wir die Interaktion der Zellen im neuromuskul?ren System besser verstehen, k?nnen wir in Zukunft auch die Sch?digungsmechanismen bei Erkrankungen wie Neuropathien, der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), aber auch der Multiplen Sklerose (MS) besser nachvollziehen. Die Ergebnisse k?nnten somit den Weg für eine bessere Behandlung dieser Erkrankungen ebnen“, erkl?rt Stassart das langfristige Ziel ihrer Forschung. Dabei unterstützt sie der Europ?ische Forschungsrat mit dem ERC Starting Grant. ?Diese Auszeichnung ehrt uns sehr“, sagt die 39-J?hrige. ?Unser Team ist jetzt noch motivierter, die Arbeit am Wissenschaftsstandort Leipzig weiter zu vertiefen.“
Dr. Ruth Stassart studierte Humanmedizin in Mainz und G?ttingen. Ihre wissenschaftliche Laufbahn begann die gebürtige Aachenerin am G?ttinger Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin, an dem sie zun?chst promovierte und dann eine Arbeitsgruppe leitete. Parallel verfolgte Stassart an der Universit?tsmedizin G?ttingen eine Facharztausbildung im Fach Neuropathologie. Im Jahr 2017 wechselte Stassart mit ihrer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe nach Leipzig und ist seither als leitende Ober?rztin in der Abteilung für Neuropathologie am Universit?tsklinikum Leipzig t?tig.