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Wolken in der Südhemisph?re reflektieren mehr Sonnenlicht als in der Nordhemisph?re. Ursache ist das h?ufigere Vorkommen von Flüssigwassertropfen, das durch ein Zusammenspiel aus Aufwinden und einer saubereren Umgebung entsteht. In einer Studie im Fachjournal "Atmospheric Chemistry and Physics" fand ein Forscherteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Troposph?renforschung (TROPOS) einen unerwartet starken Einfluss der Aufwinde. Erm?glicht wurden die neuen Ergebnisse durch Langzeitmessungen unter anderem an der Universit?t Leipzig, in Limassol (Zypern) und Punta Arenas (Chile).

Die Messungen in Punta Arenas waren mit drei Jahren die l?ngsten Wolkenuntersuchungen, die es bisher mit Lidar und Radar in den mittleren Breiten der Südhemisph?re gegeben hat. 2018 bis 2021 hatte ein Team der Universit?t Magallanes (UMAG), des TROPOS und der Universit?t Leipzig im Rahmen der Feldkampagne DACAPO-PESO umfangreiche Untersuchungen zu Aerosolen, Wolken, Wind und Niederschlag im 亚洲通_亚洲通官网¥娱乐网址en Süden Chiles durchgeführt. In die Auswertung und den Vergleich flossen auch Daten der Feldkampagne CyCARE auf Zypern ein, an dem 2016 bis 2018 Forschende der Cyprus University of Technology und des ERATOSTHENES Centre of Excellence in Limassol beteiligt waren.

Hauptziel der Messungen in der weitgehend natürlichen Umgebung an der Südspitze Südamerikas war es, die Atmosph?re in der südlichen Hemisph?re zu untersuchen und mehr über die Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken in einer Region zu erfahren, für die es bisher kaum Langzeitdaten gibt. Zu diesem Zweck hat das TROPOS 2018 die zwei Container des mobilen Atmosph?renobservatoriums LACROS auf dem Gel?nde der Universit?t in Punta Arenas installiert, die zusammen mit Ger?ten der Universit?t Leipzig und des Labors für Atmosph?renforschung der UMAG ein umfassendes Bild der Wolken vom Boden aus ergaben. Dafür wurden die in den zwei LACROS-Messcontainern installierten Fernerkundungsger?te eingesetzt: Laser-gestützte Lichtradare (Lidars), Radare, Radiometer, Sonnenphotometer und andere. Erg?nzt wurden diese Messungen durch Filterproben vom Cerro Mirador, einer Anh?he von 600 Metern oberhalb von Punta Arenas.

Messungen im Zeitraum des ?Black Summers“

Ursprünglich sollten die Messungen als Beitrag zum ?Jahr der Polarvorhersage in der Südhemisph?re“ (YOPP-SH) ein Jahr lang dauern. Aber aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Reisebeschr?nkungen wurden die Messungen um weitere zwei Jahre verl?ngert und erst Ende 2021 beendet. ?Wissenschaftlich war diese Verz?gerung ein Segen“, sagt Kevin Ohneiser, Doktorand am TROPOS. Denn in diese Zeitraum fiel der ?Black Summer“ 2019/20 mit gro?en Waldbr?nden in Australien. Deren Rauch wurde mehr als 10.000 Kilometer über den Pazifik bis nach Südamerika transportiert und konnte dort bis zum Abschluss der Messungen Ende 2021 mit den Laser-gestützten Untersuchungen per Lidar bis in H?hen von 25 Kilometern beobachtet werden. Da die Luft im Süden Chiles ansonsten sehr sauber ist, fiel diese Art von Luftverschmutzung gleich auf und unterstreicht den globalen Einfluss der gro?en Waldbr?nde auf das Klima. 

?Mit DACAPO-PESO haben wir eine Lücke gefüllt, die hinsichtlich der Messungen auf der südlichen Hemisph?re lange bestand. Die Daten k?nnen jetzt dazu beitragen, aktuelle Klimamodelle zu verbessern“, erkl?rt Dr. Boris Barja von der UMAG, der vor Ort entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Ger?te trotz der coronabedingten Reiseeinschr?nkungen durchgehend in Betrieb sein konnten. Mit bisher über zehn Nachfolgeprojekten, 20 Konferenzbeitr?gen und zehn Fachpublikationen war das Projekt wissenschaftlich sehr erfolgreich. Weitere Fachartikel sind in Arbeit: So entwickelt Teresa Vogl vom Institut für Meteorologie der Universit?t Leipzig zurzeit ein auf maschinellem Lernen basierendes Verfahren, um Anhand von Wolkenradar-Beobachtungen die Bildung von Niederschlag besser verstehen zu k?nnen.

Die nun abgeschlossene Kernaufgabe des Projektes war es jedoch, herauszufinden, ob und welche Unterschiede es bei vergleichbaren meteorologischen Bedingungen in den Wolken über Leipzig, Limassol und Punta Arenas gibt und worin diese begründet sind. Dabei liegen Leipzig und Punta Arenas etwa auf dem gleichen Breitengrad, aber in unterschiedlichen Hemisph?ren der Erde. Auch wenn das Klima und die bodennahen Wolkenschichten grunds?tzlich mit dem Norden Europas vergleichbar sind, die mittelhohen und hohen Wolken unterscheiden sich deutlich voneinander. Das liegt daran, dass ein wesentlich gr??erer Teil der Südhalbkugel von Ozeanen bedeckt ist und dort viel weniger Menschen leben als auf der Nordhalbkugel. Die Atmosph?re oberhalb der bodenn?chsten Luftschichten auf der Südhalbkugel ist daher spürbar sauberer und enth?lt weniger Aerosol-Partikel, was sich bei der Wolkenbildung bemerkbar macht. ?Weniger Partikel bedeuten weniger Eiskeime in der Atmosph?re. Aber genau diese werden ben?tigt, um bei Temperaturen zwischen 0 und -40°C Wolkentropfen zu Eiskristallen gefrieren zu lassen. Die Wolken vereisen in den mittleren Breiten der Südhemisph?re deshalb viel weniger und enthalten bei gleichen Temperaturen mehr flüssiges Wasser. Damit beeinflussen sie das einfallende Sonnenlicht und auch die von der Erdoberfl?che ausgestrahlte W?rmestrahlung anders als im Norden. Das ist eine Erkl?rung, weshalb globale Klimamodelle die Strahlungsbilanz der Südhalbkugel immer noch nicht ausreichend genau abbilden k?nnen“, fasst Dr. Patric Seifert vom TROPOS zusammen. Im Temperaturbereich zwischen -24 und -8 Grad Celsius bildeten die Wolken über Punta Arenas aus Mangel an Eiskeimen im Durchschnitt 10 bis 40 Prozent weniger oft Eis als die Wolken über Leipzig. Auch die von den Flüssigwasserwolken produzierte Eismasse ist um mindestens einen Faktor zwei reduziert. 

Wolken h?ufig durch Schwerewellen beeinflusst 

Jedoch sind die Unterschiede in der Luftqualit?t entgegen der weitl?ufigen Meinung nicht die einzige Ursache für die beobachteten Kontraste. Bei den Untersuchungen im Süden Chiles zeigte sich, dass die Wolken h?ufig durch Schwerewellen beeinflusst werden. Der starke Westwind vom Pazifik prallt auf das Andengebirge, wird auf der Rückseite verwirbelt und erzeugt diese Schwerewellen. ?Durch Messungen der für die Wellen charakteristischen Auf- und Abwinde konnten wir Wolken, die von diesen Wellen beeinflusst worden sind, erkennen und aus der Gesamtstatistik herausfiltern. Dadurch konnten wir zeigen, dass diese Schwerewellen und nicht der Mangel an Eiskeimen für den ?berschuss an Wolkentropfen bei Temperaturen unterhalb von -25 Grad Celsius hauptverantwortlich sind“, erkl?rt Dr. Martin Radenz vom TROPOS, der sich im Rahmen seiner Doktorarbeit intensiv mit diesem Thema befasst hat. ?Ob dieses Ph?nomen nur im Süden Chiles die Wolken beeinflusst, ist aber zurzeit noch unklar. Wie wichtig sind Schwerewellen für die Bildung von Wolken und Niederschlag in anderen Regionen des Südlichen Ozeans? Wie h?ufig treten Schwerewellen über dem offenen Ozean auf, der den gr??ten Teil der Erdoberfl?che zwischen 30 und 70 Grad Süd bedeckt und derzeit gr??tenteils nur von Satelliten erfasst wird? Weitere Messungen der Aufwinde in Wolken sind erforderlich, um die Rolle der Eiskeime bei dem offensichtlichen ?berschuss an flüssigem Wasser in den Wolken der mittleren Breiten der Südhemisph?re weiter einzugrenzen. Wir wollen diese Fragen in naher Zukunft gemeinsam mit unseren Partnern auch an anderen Orten in der Südhemisph?re, wie der Antarktis und Neuseeland, und m?glichst auch an Bord von Forschungsschiffen untersuchen. Denn vom Weltraum aus ist dies im Moment noch nicht m?glich.“

Die beiden LACROS-Container werden Ende Januar am TROPOS in Leipzig zurück sein und dann für den n?chsten Einsatz vorbereitet. Im Rahmen von ACTRIS-D, dem deutschen Beitrag zur europ?ischen Forschungsinfrastruktur für Aerosole, Wolken und Spurengase, werden dann drei neue Ger?te zus?tzlich integriert. Mit einem neuen Sonnenphotometer, Mikrowellenradiometer und 94-Ghz-Wolkenradar geht es im November zu Untersuchungen an künstlich erzeugten Eiswolken in die Schweizer Alpen.

Hinweis für die Medien:

Fototermin am 08.02.22: 

Nach Rückkehr der Messcontainer besteht unter Einhaltung der Corona-Hygienevorschriften die M?glichkeit zu Fotos, Videos und Interviews auf dem Au?engel?nde des TROPOS in Leipzig. Bei Interesse bitten wir um kurze Anmeldung via presse@tropos.de. Vielen Dank.

Originaltitel der Publikation im Fachjournal "Atmospheric Chemistry and Physics" :
"Hemispheric contrasts in ice formation in stratiform mixed-phase clouds: disentangling the role of aerosol and dynamics with ground-based remote sensing", doi.org/10.5194/acp-21-17969-2021 , 2021.